Kaiser Wilhelm als Soldat

Von Freiherr von Schlicht.
in: „Am Hofe Kaiser Wilhelms II.”
(Band I des Sammelwerks „Die Höfe Europas”)


Es ist ein alter Brauch und eine alte schöne Sitte, dass die Söhne unseres Herrscherhauses schon in frühester Jugend dem Heere einverleibt werden — dem Heere, dem unser schönes Vaterland in erster Linie die Machtstellung verdankt, die es in der Welt einnimmt. Vom grossen Kurfürsten an, der das erste stehende Heer schuf und das zu Anfang seiner Regierung nur dreitausend Mann zählte, bis zu unserem jetzigen Kaiser — haben alle Herrscher dem Heere ihre Aufmerksamkeit, ihre Pflege und Sorgfalt gewidmet und je nach Individualität und Veranlagung sind sie mehr oder weniger selbst „Soldaten” gewesen.

Man nennt gerade unseren Kaiser häufig den Soldatenkaiser und wahrlich mit vollem Recht, denn ein Soldat ist er, nicht nur dem Kleide nach, das er trägt, sondern ein Soldat aus innerster Überzeugung.

Am 27. Januar 1869, an dem Tage, an welchem unser Kaiser sein zehntes Lebensjahr vollendete, trat er als Sekonde-Lieutenant bei der Leibkompagnie des Ersten Garderegiments zu Fuss ein. Seine Jugend verbot natürlich, dass er gleich von diesem Tage an Dienst that — nur bei feierlichen Gelegenheiten, bei Paraden und bei dem Besuch befreundeter Fürstlichkeiten trat er in Reih und Glied, ebenso wie die anderen Prinzen, die dem ersten Garderegiment zu Fuss angehören. So geschah es am 2. Mai 1869, an welchem Tage im Lustgarten zu Potsdam die damals noch übliche Kirchenparade stattfand, mit welcher das 1. Garderegiment die Erinnerung an die Schlacht von Gross-Görschen zu feiern pflegte.

Zum ersten Male erschien da der Prinz in Uniform, das Band des Schwarzen Adlerordens über der Brust, und der kleine Offizier schritt, die spitze Grenadiermütze auf dem Kopf, stolz, als schliessender Lieutenant dem Zuge an seinem die Parade abnehmenden Grossvater vorbei.

Nach Beendigung der Parade, der auch der greise General Werder mit beigewohnt hatte, versammelte der König die Offiziere des Regimentes um sich, und hielt an dieselben folgende Ansprache:

„Der älteste und der jüngste Offizier haben die heutige Parade des Regiments mitgemacht. Ich stelle die Beiden hiermit dem Offiziercorps vor — es sind der General von Werder und der Prinz Friedrich Wilhelm. Der brave ergraute General ist jetzt der einzige Offizier, welcher von jenen Helden noch lebt, die heute vor 56 Jahren bei Gross-Görschen mit dem Regiment ihre Feuertaufe empfingen. Heute, an dem Gedenk- und Ehrentage des Regiments, da wollte sich der verdiente General nicht die Ehre und Freude versagen, die Parade mitzumachen und noch einmal mit gezogenem Degen vorbeizumarschieren. Wir alle heissen den Kameraden willkommen und blicken mit Stolz und Bewunderung auf ihn. Er ist den Offizieren ein Vorbild der Nacheiferung. Du, Prinz Friedrich Wilhelm, hast an diesem Tage zum ersten Mal Deinen Degen im Regimente gezogen. An den ältesten Offizier desselben gedenkend, wünsche ich Dir, dass Du Deinen Degen bis in ein spätes Alter in und mit dem Regimente tragen mögest und dass es auch Dir einst vergönnt sei, nach einer so langen Dienstzeit, wie die des Generals von Werder, auf ein neues und glänzendes Kapitel in der Geschichte dieses braven Regimentes zurückblicken zu können, wie dies dem General im jahre 1866 beschieden gewesen ist.”

Das grosse Jahr 1870 brachte dem jungen Prinzen seine ersten grossen Lebenseindrücke, und die machtvollen Ereignisse entflammten auch in seinem Herzen jene Begeisterung, die alle ergriffen hatte, nur kam bei ihm das stolze Bewusstsein noch hinzu, dass er schon Soldat sei und dereinst berufen war, in den neu geschaffenen staatlichen Zuständen die herrschende Stellung einzunehmen: der erste Soldat in einem Volke von Soldaten.

Niemand Anderer als unser unvergesslicher Kaiser Wilhelm I. war es, der am 9. Februar 1877 seinen damals achtzehnjährigen Enkel zum Dienst in der Front bei dem genannten Regiment mit den Worten einführte: „Nun gehe hin und thue Deine Schuldigkeit.” Der Prinz wurde der sechsten Kompagnie als Premier-Lieutenant überwiesen und seinem damaligen Hauptmann und Kompagniechef, Herrn von Petersdorff, lag in erster Linie die Ausbildung des Prinzen ebenso wie die seiner anderen Kompagnie-Offiziere ob. Gleichzeitig nahm der Prinz in der Potsdamer Kriegsschule Unterricht, und hatte den Hauptmann Meyer zum Lehrer in militärischen Aufnahmen, während Hauptmann von Neumann ihn mit der Waffenkunde vertraut machte, Hauptmann von Vietinghoff mit der Taktik und Hauptmann Diener mit der Befestigungskunde.

„Beim Kommiss” sind alle gleich, der Dienst kennt keine Rücksichtnahme — da muss bei dem Parademarsch der Erbe des Deutschen Kaiserthrones ebenso gut seine Beine werfen, wie der gewöhnliche Musketier, nein, noch viel besser. Und wenn ein Prinz, der seinen Zug kommandiert, einen Fehler macht, so wird er mit seinen Leuten ebenso zurückgeschickt, wie jeder andere Lieutenant des Regiments. Selbst Soldaten wundern sich oft darüber und glauben es nicht, bis sie es mit eigenen Augen gesehen haben.

Die militärische Laufbahn, während welcher unser Kaiser die Ermahnung seines Grossvaters „Seine Schuldigkeit” zu thun, nicht einen Augenblick ausser Acht gelassen hatte und seinen Kameraden und Untergebenen stets ein Vorbild treuester Pflichterfüllung gewesen war, wurde durch den Besuch der Universität Bonn unterbrochen. Am ersten April des Jahres 1880, nach Beendigung des Universitäts-Besuches zum Hauptmann befördert, übernahm Prinz Wilhelm die Führung der 2. Kompagnie des 1. Garderegiments zu Fuss.

Ein altes Wort, das vielleicht etwas übertreibt, sagt: „Es giebt Nichts, wofür der Hauptmann in der Kompagnie nicht verantwortlich gemacht wird,” so viel steht aber fest, dass kein Hauptmann auf Rosen wandelt. Auch Prinz Wilhelm war sich seiner verantwortlichen Stellung wohl bewusst und er hat sich mehr um seine Kompagnien gekümmert, als mancher andere Kompagniechef.

Aus dieser Zeit stammt eine vielleicht nicht allgemein bekannte Geschichte.

Prinz Wilhelm revidierte eines Morgens in seiner Kompagnie die Offiziers-Instruktion. Auf der einen Seite standen die Leute und erwarteten vergeblich ihren Lieutenant, der wohl am Abend vorher eine Festlichkeit mitgemacht haben mochte und sich nun nicht recht entschliessen konnte, das warme

Bett schon zu verlassen. Endlich kam der Offizier den Korridor entlang gestürmt und öffnete schnell die Stubenthür. Aber wie Homer sagt: „Staunen ergriff ihn beim Anblick,” — denn da stand sein Hauptmann und instruierte die Leute über das Gewehr mit solcher Verve und Begeisterung, als wenn es gar nichts Interessanteres gäbe. — Jeder, der einmal den bunten Rock angehabt hat, weiss nun, wie unangenehm es ist, zu spät zum Dienst zu kommen — denn das ist ja so unmilitärisch, dass es dafür gar keine Entschuldigung giebt; es kann ja wohl schliesslich einmal vorkommen, aber es darf eben nicht vorkommen.

Doppelt und dreifach unangenehm aber ist eine Verspätung im Dienst besonders dann für den Lieutenant, wenn sein Kompagniechef sein dereinstiger Kaiser ist.

Freudige Gefühle mögen die Brust des jungen Lieutenants daher gerade nicht bewegt haben und sicherlich hat er such gewünscht,dass die Erde ihn verschlänge — aber kein Vorwurf, kein Wort des Tadels kam über die Lippen seines Vorgesetzten.

Am Nachmittag jedoch, als der Offizier sich zu Hause befand, erschien in seiner Wohnung ein prinzlicher Lakai und überbrachte ihm — eine Weckuhr: eine stille und doch ernste Mahnungseines Hauptmanns, fortan pünktlich zu sein.

Dass der Prinz am Tage des Einzuges seiner Braut in Potsdam mit seiner Kompagnie noch den Wachtdienst übte, und dann an der Sitze seiner Truppe nach Berlin fuhr, um sie, unter dem Jubel der Bevölkerung, die Linden entlang nach dem Schloss zu führen, das ist an anderer Stelle schon erzählt, nicht aber, dass er am Hochzeitstag selber, mitten im Trubel der Vermählungs­vorbereitungen, mit einem der ersten Züge nach Potsdam fuhr, um seinem Feldwebel das ihm vom Kaiser aus Anlass des festlichen Tages verliehene Allgemeine Ehrenzeichen persönlich zu überreichen, worauf er schnell nach Berlin wieder zurückkehrte.

Prinz Wilhelm nahm niemals Urlaub, um eine Erholungs- oder Vergnügungsreise anzutreten, seine liebste Erholung fand er am häuslichen Herde und im Kreise seiner Kameraden. Selbst Nachts suchte er einmal den letzteren auf und das soll folgendermassen zugegangen sein. War es zwischen den jungen Gatten zu irgend einer kleinen Meinungs­verschiedenheit gekommen oder machte er mit seiner Gemahlin einen Scherz, kurz, er drohte ihr einmal zu später Abendstunde, dass er noch „auskneifen” würde. Die Prinzessin lachte fröhlich auf: „Wo willst Du denn hier in Potsdam zu so später Stunde noch hin? Das ist ja ganz unmöglich!” —

Auch der Prinz lachte auf und . . . . ging. Wenige Stunden später trat er in die Wachtstube der Offiziere, in welcher bekanntlich meist mehrere Kameraden den auf Wache befindlichen Herren Gesellschaft leisten; ein Fässchen Bier war aufgelegt und die Herren waren in froher Stimmung. Überrascht sprangen sie auf, als sie den Prinzen eintreten sahen. Der aber rief lustig: „Ich lade mich heute bei Ihnen zu Gast, meine Frau wollte mir nicht glauben, dass ich in Potsdam Unterkunft fände, und nun wollen wir sie eines Besseren belehren!” —

Schon im nächsten Jahre wurde Prinz Wilhelm, nachdem er die Manöver in Holstein mitgemacht hatte, zum Major befördert und als solcher hat er Dienst bei dem Ersten Garde-Regiment, bei den Garde-Husaren und bei dem ersten Garde-Feldartillerie-Regiment gethan, sodass sich ihm Gelegenheit bot, den Dienst bei den verschiedensten Waffengattungen auf das Genaueste kennen zu lernen.

Nach vier Jahren zum Oberst und Kommandeur des Garde-Husaren-Regiments ernannt, brachte ihm das Jahr 1887 zum ersten Mal Gelegenheit, sich im Manöver als Führer eines Infanterie-Regiments zu zeigen und zwar war es das Pommersche Grenadier-Regiment No. 2, das der hohen Ehre, vom Prinzen Wilhelm geführt zu werden, teilhaftig wurde. Als er gelegentlich der beendigten Manöver nach dem Stammsitze der Familie v. Zieten, Schloss Wustrau, kam, liess er am frühen Morgen sein Regiment am Grabe des „alten Zieten” Aufstellung nehmen. Dann hielt er folgende Ansprache, in der sich so recht der Reckengeist zeigt, der den Prinzen beseelte:

„Husaren! In den letzten Tagen seid ihr durch Gegenden gekommen, welche reich sind an geschichtlichen Erinnerungen, besonders an Erinnerungen an den grossen König Friedrich II., wo er sich als Kronprinz für seinen künftigen Beruf als König vorbereitete. Ich erinnere euch nur an Rheinsberg und Neu-Ruppin. Heute stehen wir nun am Grabe des Helden, der mit den Kriegen und Siegen des grossen Königs auf das Engste verknüpft ist, und der durch seine schöpferische Thätigkeit und militärische Tüchtigkeit dem Vaterlande grosse Dienste geleistet hat. Der General der Kavallerie v. Zieten, oder wie ihr ihn gerne nennt, der alte Zieten, war der Schöpfer einer leichten Kavallerie, die dem preussischen Heere damals noch fehlte. Wer den Scharfsinn und die Ausdauer des Helden kennt, wird es erklärlich finden, dass diese Waffe bald zu einer volks-, ja weltberühmten wurde, welche dem grossen Könige Sieg auf Sieg erringen half. Aber nicht nur durch seine kriegerische Tüchtigkeit glänzt der Name des Helden in der Geschichte unseres Landes, sondern auch durch die unerschütterliche Treue, mit der er zu seinem grossen Könige stand. Er ist, wie es einzigartig in der Geschichte dasteht, mit der Person seines Königs zu einem Bilde verwachsen. Davon legen viele Erzählungen und Anekdoten im Volksmunde, wahr oder erfunden, Zeugnis ab. Uns Husaren aber vor allem liegt es ob, diesen Sinn für absolute Treue und Hingebung an unsern allerhöchsten Kriegsherrn zu pflegen und dem Helden darin nachzueifern. Den Entschluss hierzu wollen wir am Grabe des alten Zieten von neuem befestigen und rufen in diesem Sinne: „Unser allergnädigster Kaiser und allerhöchster Kriegsherr lebe hoch!”

Am 27. Januar 1888 erfolgte die Beförderung zum Generalmajor und zum Kommandeur der 2. Garde-Infanterie-Brigade. Wie oft ist er in dieser Zeit mit seinen Truppen hinausgerückt nach dem Tempelhoferfeld und wie oft haben ihn die Berliner zu später Mittagsstunde an der Spitze der Fahnenkompagnie zurückkehren sehen.

Hohe Anforderungen stellte Prinz Wilhelm aller Zeiten an seine Untergebenen; „gebummelt” durfte nicht werden — und wer da etwa glaubte, „seine Knochen schonen zu dürfen”, der irrte sich ganz gewaltig — aber dennoch ging die Brigade für ihren Führer durch das Feuer, und die Liebe, die die Untergebenen ihrem Vorgesetzten entgegenbrachten, galt nicht nur dem Prinzen, nicht nur dem Kronprinzen des deutschen Reiches, sondern vor allen Dingen dem Menschen.

Am 15. Juni bestieg Prinz Wilhelm als Kaiser Wilhelm II. den Thron und als solcher bekleidet er jetzt den Rang eines Generals der Infanterie. Noch das ganze Jahr nach seiner Thronbesteigung hindurch trug er die Uniform eines Generalmajors, entsprechend dem militärischen Range, den er beim Hinscheiden seines kaiserlichen Vaters bekleidet und erst auf die Bitte des Generalfeld­marschalls v. Moltke, der diese im Namen des Heeres als ältester Offizier äusserte, legte Kaiser Wilhelm die Abzeichen eines Generals der Infanterie, zwei Sterne, an, sowie auch Kaiser Wilhelm I. erst einer, Namens der Armee von dem damaligen höchsten Offizier derselben, dem Kronprinzen, vorgetragenen Bitte im Jahre 1871 entsprechend die Feldmarschalls­abzeichen angelegt hatte.

Se. Majestät hat also sämtliche militärische Chargen, mit Ausnahme der eines Generallieutenants, bekleidet.

„So gehören wir zusammen — Ich und die Armee — so sind wir für einander geboren und so wollen wir unauflöslich fest zusammenhalten, möge nach Gottes Willen Friede oder Sturm sein.

„Ihr werdet Mir jetzt den Eid der Treue und des Gehorsams schwören — und Ich gelobe, stets dessen eingedenk zu sein, dass die Augen Meiner Vorfahren aus jener Welt auf Mich herniedersehen und dass Ich Ihnen dermaleinst Rechenschaft über den Ruhm und die Ehre der Armee abzulegen haben werde.”

Diese Worte richtete Se. Majestät unmittelbar nach der Thronbesteigung an seine Armee und er hat nicht aufgehört für sie zu sorgen, so dass das Heer in seinem Kaiser nicht nur den höchsten, sondern auch den tüchtigsten Vorgesetzten sieht.

„Nichts Halbes,” das scheint das Losungswort unseres Kaisers zu sein, bei Allem, was er unternimmt und Staunen und Bewunderung muss uns ergreifen, wenn wir bedenken, wie Se. Majestät in allen militärischen Fragen bewandert ist, wie er keine Gelegenheit vorübergehen lässt, um sein reiches Wissen noch zu vermehren.

„Grau” ist nach einem alten Worte „jede Theorie” — dennoch aber sind anmentlich auf militärischem Gebite gründliche theoretische Kenntnisse nicht zu entbehren. Se. Majestät besitzt sie in seltenem Masse. Der Artillerie-Hauptmann von Schrötter und der Generallieutenant von Gottberg waren die ersten militärischen Erzieher unseres Kaisers. In späteren Jahren, als unser Kaiser schon den Thron bestiegen hatte, war es unter vielen Anderen, vornehmlich Generallieutenant von Wittich , mit dem der Kaiser arbeitete.

Nach der grossen Parade, die der Kaiser am 1. September 1888 auf dem Tempelhofer Felde abgehalten hatte, begab sich der Kaiser sofort auf das Manöverfeld bei Müncheberg in der Mark.

Schon Kaiser Wilhelm I. hatte am Neujahrstage 1888 auf die besondere Bedeutung dieser Manöver, in der Ansprache hingewiesen, die er an die, ihm ihre Glückwünsche darbringenden Generale gehalten hatte.

„Ich bemerke Ihnen, meine Herren,” hatte der grosse Monarch gesagt, „dass in diesem Jahre die Kaisermanöver, die das dritte Corps und das Garde-Corps abhalten, Ihre Hauptaufmerksamkeit in Anspruch nehmen werden.”

Zum Prinzen Wilhelm aber, der gekommen war, um sich dem Kaiser als Generalmajor vorzustellen, hatte er gesagt: „Bei den Kaisermanövern kannst Du Deine Probe als Brigadegeneral ablegen.”

Das Schicksal fügte es, dass es anders kam. Wohl fanden die Kaisermanöver statt, aber nicht mehr unter dem ersten Kaiser des grossen deutschen Reiches, sondern unter dem dritten desselben, und nicht als Brigadegeneral, sondern als Höchstkommandierender legte er die Probe seines militärische Könnens ab. Denn nicht nur dem Namen nach wollte er der Führer des Heeres sein, nein, er wollte lernen, auch der That nach des Heeres Höchstkommandierender zu werden, um — wenn es nötig würde, Deutschlands Fahnen dereinst auch im Ernstfalle zu Kampf und Sieg führen zu können.


Die Manöver währten sieben Tage und vom Beginn bis zum Ende traf der Kaiser seine Dispositionen mit einer Selbständigkeit, einer Ruhe und Besonnenheit, die selbst den in Kriegen ergrauten Generalen aus Deutschlands jüngster Heroenzeit, Achtung und Bewunderung abzwingen musste.

Wohl unterliefen hie und da vielleicht Fehler, dem ganzen Schlachtenplane aber war gewiss ein genialer Grundgedanke, der Durchführung ein genialer Zug nicht abzusprechen.

Seit dieser Zeit übernimmt der Kaiser fast bei allen Manövern, an denen er sich beteiligt, die Führung.

Bei dem ersten Kaisermanöver trat eine Anordnung des Kaisers neu in Kraft.

Durch Kabinettsordre vom 7. Juli 1888 war die Bildung eines Hauptquartiers erfolgt und der Generallieutenant und Generaladjutant von Wittich zum Kommandanten desselben ernannt worden.

Dieses Hauptquartier befindet sich jederzeit dort, wo der Kaiser sich aufhält, möge das nun draussen im Felde oder zu Hause im Schlosse sein. Dem Hauptqurtiere wurde die Leib-Gendarmerie zugeteilt, die bekanntlich im Felde stets für die persönliche Sicherheit des Monarchen zu sorgen hat.

Bei den erwähnten Manövern nun wurde der Kaiser stets von einem Leibgendarmen begleitet, der eine purpurrote Königsstandarte trug und auf diese Weise den jeweiligen Standort des Kaisers den Truppen erkennbar macht.

Hat der Kaiser im Manöver auf der einen oder anderen Seite geführt, so wird zunächst auch seine Thätigkeit in der Kritik Seitens des Leitenden ebenso behandelt, wie die eines jeden anderen Führers — immer aber hält Se. Majestät, nachdem der Chef des Stabes eine kurze Übersicht über den Gang der Ereignisse gegeben hat, die Schlusskritik ab.

Kritiken erfreuen sich im Allgemeinen keiner Beliebtheit, wer es irgend machen kann, geht ihr aus dem Wege. Mancher schützt sein lahmes Pferd oder sonst einen Hinderungsgrund vor, nur um nicht der Kritik beiwohnen zu müssen.

Anders ist es aber, wenn der Kaiser nach Beendigung der Manöver die Kritik abhält: da gehen selbst Viele hin, die da gar nichts zu thun haben; denn es giebt für einen Offizier keine grössere Freude, als einer Kritik Sr. Majestät beiwohnen zu können. Man kann sich nichts Klareres, Bestimmteres denken. Da die Kritik oft an Vorfälle anknüpft, die sich erst vor wenigen Minuten ereignet haben, so ergiebt sich schon daraus, dass die Kritiken, die oft eine Stunde und länger dauern, völlig aus dem Stegreif gehalten werden. Um so mehr muss man vor der Klarheit und Korrektheit des Ausdruckes staunen: kein Wort zu viel, kein Wort zu wenig, nichts Überflüssiges, ab er auch kein ausser Achtlassen dessen, was irgendwie von Bedeutung ist.

So sprechen, so kritisieren kann natürlich nur Derjenige, der „den Stoff vollständig beherrscht,” der Alles nicht nur in sich aufgenommen, sondern auch in sich geistig verarbeitet hat.

So ernst der Kaiser aber auch seine Aufgabe auffasst, und so scharf und vernichtend seine Kritik öfter ausfällt, er findet doch auch dabei häufig ein Wort, das dann wie ein Sonnenstrahl wirkt, der durch gewitterschweres, drohendes Gewölk durchbricht. So war bei einer zwischen Spandau und Potsdam vorgenommenen Manöverübung die Verteidigung einer Position ziemlich verunglückt, und bei der Kritik des Monarchen gab es mehr als ein unter dem Waffenrock angstvoll und beklommen pochendes Herz. „Und jetzt meine Herren,” meinte der Kaiser, „kommen wir zu der total misslungenen Verteidigung, und da kann ich Ihnen sagen, im Ernstfalle wären jene Mannschaften einfach — im Wurstkessel gewesen!” Dieses eine Berliner Wort löste die Spannung, die wie ein Alp auf manch einer schuldbewussten Brust gelegen hatte, denn — der Kaiser lächelte selber über sein Wort, und mit seiner Strenge war es für diesmal glücklich vorbei.

Im Übrigen muss man es selber gesehen haben, wie ernst unser Kaiser es im Manöver mit seiner Thätigkeit nimmt. Ueberanstrengung, Ermüdung sind zwei Worte, die Se. Majestät nicht kennt. Frühmorgens steigt der Kaiser zu Pferde, aber nicht zu einer Stunde, die ein lang­schläfiger Stadt­bewohner „früh­mor­gens” nennt. Um drei Uhr Morgens habe ich den Kaiser eines Tages im Manöver an mir vorüber­reiten sehen und erst gegen Mittag kehrte er zurück. Interessant ist es auch zu sehen, wie der Kaiser reitet. Wo das Gelände es irgend erlaubt, reitet der Kaiser Galopp, vor dem Kaiser reiten zwei Flügeladjutanten und diese rufen ihm stets halblaut zu: „Stein, Loch, Busch” oder dergleichen, damit Se. Majestät danach sein Pferd entweder kürzer fasst oder es freier gehen lässt. Der Kaiser selbst achtet nicht auf den Weg, seine Augen weilen nur bei den fechtenden und marschierenden Truppen. Da sieht er aber auch Alles, das wissen die Leute und deshalb machen sie ihre Sache so gut, wie sie nur irgend können.

Für alles hat der Kaiser im Manöver Interesse und Verständnis und, wenn das Wort erlaubt ist, dann möchte ich sagen: als Leiter ist er gleich gefürchtet wie bei der Kritik; seinem scharfen Auge entgeht nichts und blitzschnell vermag er auf Grund einer eingegangenen Meldung, von deren Richtigkeit er sich überzeugt hat, einen neuen Gedanken zu fassen, ein neues Angriffs- oder Verteidigungs-Verfahren zu ersinnen. Selbstverständlich ist Se. Majestät dadurch einem minder entschluss­schnellen Gegner von vornherein bedeutend überlegen und so kommt es, dass im Manöver fast stets sich der Sieg der Partei neigt, die von dem Kasier geführt wird. Der Kaiser siegt, nicht weil er der Kaiser ist, sondern weil er schnell und bestimmt disponiert und seine Truppen zur richtigen Zeit am richtigen Ort einzusetzen versteht.

Die letzten Kaisermanöver in der Gegend von Stettin, denen auch Se. Majestät Kaiser Franz Josef beiwohnte, nahmen ihren Anfang mit einem Anmarsch der Truppen. Vom frühen Morgen bis zum Mittag weilte der Kaiser auf dem Manöverfelde, überall hin seine Adjutanten entsendend, Erkundigungen einziehend, wo die einzelnen Truppen sich befinden, ob und welche Meldungen sie vom Feinde hatten. So kam es, dass Se. Majestät am nächsten Tage, bei Beginn des Gefechtes, über diejenigen Punkte, die die Führer zu ihren Entschlüssen gefunden hatten, auf das Genaueste orientiert war. Kein langes Fragen: „Warum haben Sie das so gemacht” — das Warum war ihm bekannt.

Und doch giebt es wohl keine anstrengendere und ermüdendere Thätigkeit, als viele Stunden hindurch in glühendster Sonnenhitze dem Aufmarsch der Truppen zuzusehen.

Ein braver Mecklenburger Soldat war es, der einmal im Manöver, als der Kaiser bei ihm vorbeigeritten war, das Wort sprach: „Der versteiht sien Handwerk.”

Und dass er es gründlich versteht, bewies er beispielsweise, als er im October 1890 auf dem Potsdamer Bahnhof den König Leopold von Belgien erwartete und mit dem Grossfürsten Wladimir die Front der von den Gardejägern gestellten Ehrenkompagnie abschritt.

„Kennen Sie schon unsere neuen Gewehre?” fragte der Kaiser den Grossfürsten, und als dieser verneinte, liess er sich von einem der Jäger das Gewehr reichen und setzte den Mechanismus desselben dem Grossfürsten so klar auseinander und handhabte die Waffe mit so überraschender Sicherheit, dass es auch der erprobteste Schiess­unteroffizier dem Kaiser darin nicht hätte zuvorthun können.

Bei einem Manöver fiel es dem Kaiser auf, dass die Mannschaften so weite Strecken im „Marsch, marsch” zurücklegten und in diesem Sinne sprach er sich bei der Kritik aus: „Excellenz,” so etwa sagte er zu dem kommandierenden General, „ich machen Ihnen mein Kompliment, so etwas von Laufen wie in Ihrem Corps ist mir noch nie vorgekommen, aber ob wir auch im Kriege so laufen können und ob wir, wenn wir so gelaufen sind, noch gut schiessen werden? Ich glaube es nicht, Ew. Excellenz müssten sich einmal selbst mit in die Schützenlinie hineinlegen und mal selbst ausprobieren, wie das Laufen bekommt. Ich hab's gethan.”

Von einem Augenzeugen wurde mir die letzte Bemerkung Sr. Majestät näher erklärt.

In jedem Jahr werden nämlich von jedem Infanterie-Regiment eine bestimmte Anzahl Offiziere zur weiteren Ausbildung nach Spandau zur Infanterie-Schiessschule kommandiert. Den ganzen Tag wird dort geschossen, entweder Schulschiessen oder gefechtsmässiges Schiessen abgehalten. Bei letzterem figurieren die Offiziere, nicht wie bei ihrer Truppe als Zugführer, sondern als Schützen; sie schiessen selbst, das Ziel und die Feuerart wird von den Lehrern kommandiert.

An einem solchen gefechtsmässigen Schiessen nahm eines Nachmittags auch der Kaiser teil: er kniete und lag mit den anderen Offizieren in der Schützenlinie. Auf das Kommando: „Sprung — auf, marsch, marsch” erhob er sich mit den Übrigen und lief mit ihnen vor, bis das Kommando „hinlegen” erfolgte.

So wusste der Kaiser aus eigener Erfahrung, wie durch das Laufen das Blut, das Auge und die Muskulatur des Schützen unruhig und unsicher werden.

Dass unser Kaiser einer der besten, wenn nicht der beste Schütze der Armee ist, ist bekannt: auf der Schiessschule in Spandau hat er durch seine unglaubliche Fertigkeit zu wiederholten Malen des Erstaunen und die Verwunderung der Zuschauer erweckt.

Er ist ein leidenschaftlicher Schütze und wünscht, dass der wichtigste Dienstzweig, das Schiessen, in der Armee immer mehr und mehr vervollkommnet werde. Aus der Initiative des Kaisers sind die Schützenschnüre, die Degen für die Offiziere und die auf dem rechten Oberarm zu tragenden Abzeichen für die im Schiessen tüchtigste Kompagnie eines jeden Armeecorps hervorgegangen.

Dass der Kaiser mit Leib und Seele Soldat ist, beweisen wahrlich nicht zuletzt die vielen Veränderungen, die in und mit der Armee unter seiner Regierung vorgegangen sind.

Zu allem Anfange schon hatte der Kaiser besonderen Wert auf die Vermehrung und die Vervollkommnung der Artillerie gelegt, und der Stärkung dieser Waffe, deren Fortschritte in Frankreich und Russland er schon als Prinz mit Besorgnis verfolgt hatte, galt seine erste Sorge.

Am 1. September 1888 hatte er sich denn auch zum Chef des 1. Garde-Feld-Artillerie-Regiments erklärt. Von demselben Tage datiert die Verordnung betreffend die Herausgabe des Exerzierreglements, durch welches endlich mit dem veralteten Exerziersysteme gebrochen wurde.

Bald nach Erlass des neuen Reglements war auch eine Veränderung durch die Einführung eines kleinkalibrigen Mehrladers und des rauchlosen Pulvers dem Beschlusse nahe, und brachte eine förmliche Umwälzung hervor.

In dem Bestreben, für das gute Alte, ein neues Besseres einzuführen, fand der Kaiser gerade in den Kreisen derjenigen, bei denen er auf werkthätigste Mithilfe hätte rechnen müssen, nicht immer das rechte Verständnis und so hielt denn mit den Neuerungen auch eine grosse Anzahl von Veränderungen in den hohen Kommandostellen Schritt. Bis zum Schlusse des Jahres 1888 waren so nicht weniger als 65 Generale und 156 Stabsoffiziere aus dem aktiven Dienst entlassen worden.

Auch der General-Feldmarschall Graf Moltke, auf welchen die Last der Jahre bereits stärker wirkte, als die Last seiner Stellung, schied aus dem Dienste. In seinem Abschiedsgesuche hiess es, er sei „Se. Majestät anzuzeigen verpflichtet, dass er bei seinem hohen Alter nicht mehr ein Pferd zu besteigen vermöge, Se. Majestät brauche jetzt andere Kräfte und mit einem nicht mehr felddienstfähigen Chef des Generalstabes sei nicht mehr gedient. Er werde es als eine Gnade erkennen, wenn er seiner Stellung enthoben und ihm huldvollst gestattet würde, die kurze Zeit seiner Tage in ländlicher Zurückgezogenheit zu verleben.”

Schweren Herzens entschloss sich der Kaiser, dem greisen Schlachtenlenker, der die Grösse Deutschlands mit geschaffen, den Abschied zu bewilligen.

„Es ist ein Gedanke, an welchen Ich Mich so wenig wie die Armee, deren Sein so unendlich viel Ihrer Person verdankt, gewöhnen können, Sie nicht mehr an dem Posten zu sehen, auf welchem Sie das Heer zu den wunderbarsten Siegen führten, die je die Kämpfe eines Heeres krönten,” so schrieb der Kaiser an den Feldmarschall. „Doch will Ich unter keinen Umständen, dass Sie Ihre mir teure Gesundheit überanstrengen. Darum werde Ich, wenn auch schweren Herzens, Ihrem Wunsche willfahren.”

An Stelle des Grafen von Moltke trat der bisherige Quartiermeister der Armee, Graf von Waldersee, Chef des Generalstabes.

Ueber diese Veränderungen in den höchsten Stellen der deutschen Armee äusserte sich ein hervorragendes französisches Militärblatt:

„Trotz des vielfachen Ersatzes der bejahrten Generale der deutschen Armee durch jüngere Kräfte darf man nur nicht glauben, dass die alte Tradition des preussischen Heeres sich auch nur um ein Atom geändert habe; nein, sie wird vollständig unberührt bleiben. Die neuen Armeeführer werden ihre Truppen ganz nach den Grundsätzen ihrer Vorgänger leiten, und auch der General Graf Waldersee wird die Arbeiten des General-Feldmarschalls Grafen v. Moltke, dessen Beistand er während ganzer sechs Jahre war, vollkommen im Sinne des abgetretenen Chefs weiterführen. Die ausgeschiedenen hohen Offiziere gehören zu zwei Kategorien. Die erste bilden die alten Waffengefährten des Kaisers Wilhelm I. Diese in Strapazen und im Dienst ergrauten Herren sehnten sich schon seit geraumer Zeit nach der verdienten Ruhe und blieben nur auf den dringenden Wunsch ihres greisen Kriegsherrn im Dienste, sie wurden bei ihrem Abschied mit Ehrenbezeugungen überhäuft und blieben in der Rangliste als aktive Offiziere verzeichnet. Die übrigen hatten zwar in dem letzten Kriege sehr ehrenvolle Verdienste aufzuweisen, waren aber nicht so völlig dienstfähig, wie es ein hartnäckiger Feldzug verlangt; ausserdem hat man für die Bildung der hohen Reserve-Kadres eine Anzahl hoher Stellen nötig, welche deren Organisation einleiten und fördern. Übrigens muss man die Würde und Reserve bewundern, mit welcher die zahlreichen beiseite Gestellten das Herbe der Verabschiedung zu ertragen wissen. In kurzer Zeit wird die deutsche Armee mit ebenso kräftigen Führern ins Feld rücken, wie dies 1870-71 der Fall war; nur die Lieutenants­stellen zeigen ein nicht unbedeutendes höheres Alter, als damals. Dieses aber schadet dem Dienst deshalb nicht, weil diese Offiziere dafür ebensoviel erfahrener und besonnener sein werden.”

Eine einzige Gefahr erblickte das Blatt nur in der Verjüngung der hohen Stellen, und zwar die, „dass der noch jugendfrische Kaiser von ebenso energischen Führern umringt sein wird, die ihn doch eher zum Kriege drängen werden, als die betagten Generale es gethan haben würden.”

Dass diese Furcht eine unbegründete war, und Kaiser Wilhelm II. ein Fürst des Friedens ist, das hat er in dem Jahrzehnte seiner Regierung oft und oft nicht nur durch Worte betont, sondern auch durch seine Stellung bewiesen.

Besonders einschneidende Massregeln waren auch die Aufhebung der dreijährigen Dienstzeit und ihre Verwandelung in die zweijährige, dann die Gründung der vierten Bataillone und nun in der neuesten Zeit die Vereinigung der vierten Bataillone zu neuen Regimentern und Brigaden.

Am 27. Januar, — seinem Geburtstage — erliess der Kaiser einen Tagesbefehl, worin die Überführung der Fahnen und Standarten der in Berlin garnisonierenden Truppenteile des Gardecorps aus dem Palais Kaiser Wilhelms I., nach seiner eigenen Wohnung, dem Königlichen Schlosse angeordnet wurde.

In diesem Tagesbefehl hiess es:

„Achtundzwanzig Jahre haben die glorreichen Feldzeichen in dem historischen Fahnenzimmer unter den Augen ihres königlichen Kriegsherrn gestanden und beinahe täglich haben dessen Blicke auf ihnen geruht. Es ist, als ob diese Fahnen und Standarten den Geist, welcher aus den heldenmütigen Regimentern, welche, sei es zu harter Friedensarbeit, sei es zu blutigen Kämpfen, ihnen folgten, getreu überliefert haben.

Es war der Geist, der in unermüdlicher, freudiger Pflichterfüllung, in der Hingabe an diese Feldzeichen bis in den Tod, die höchste Ehre des Soldaten findet, den Geist, welcher seinen grossen, ruhmgekrönten Kaiser bis zum letzten Atemzuge mit Liebe und Sorge für Sein Heer, für Sein Volk in Waffen erfüllte.

Der Kranz, welchen Ich in dem nunmehr vereinsamten Fahnenzimmer niedergelegt habe, muss freilich verwelken, aber unverwelklich bleiben die Lorbeeren, mit denen die heldenmütigen Truppen der Garde, erfüllt von jenem Geiste, ihre Feldzeichen mit unsterblichen Thaten geschmückt haben.

Als unvergessliche Erinnerung lebt in Meinem Herzen das Andenken an den Tag im Jahre 1881, an welchem Mein ehrwürdiger Herr Grossvater Mir als Hauptmann im 1. Garde-Regiment zu Fuss auf Meine Bitte erlaubte, die Fahnen des Gardecorps demselben zur grossen Parade am Kreuzberge zuzuführen. Aber in tiefer Wehmut gedenke ich jenes späteren Tages, an welchem Ich als Kronprinz die 2. Garde-Infanterie-Brigade am Schlosse zu Charlottenburg vorüberführte. Der Anblick ihrer glorreichen Feldzeichen verklärte die schmerzerfüllten Züge des kaiserlichen Dulders mit einem letzten Aufleuchten der Freude und gab ihm die Worte ein: „So begrüsse Ich nun die Truppen zum ersten Male, die Ich jetzt die Meinen nenne.”

Gottes Ratschluss hat es nicht gewollt, dass der Feldherr, welcher diese Feldzeichen zu glorreichem Siege führte, sie als königlicher Kriegsherr begrüssen und der Welt zeigen konnte, dass der hochherzige Sohn des grossen Kaisers für sein Heer, wie für sein Volk im Geiste seines Vaters sorgen und arbeiten würde.

Zum letzten Male haben nun die lorbeer­geschmückten Feldzeichen das Palais unseres grossen, unvergesslichen Kaisers verlassen und sind noch einmal von dort an dem historischen Eckzimmer, aus dessen Fenstern das aufmerksame, scharf blickende Auge ihres kaiserlichen Kriegsherrn ihr Geleite musterte, vorübergeführt worden, vorüber an dem Palais des Kaisers Friedrich, welcher als Kronprinz gleichfalls den vorbeiziehenden Truppen die teilnehmendste Aufmerksamkeit schenkte, vorbei an der Ruhmeshalle, zu deren Reichtum an Trophäen ihre tapferen Regimenter so Grosses beigetragen haben, nach dem Schlosse Meiner Vorfahren, dem ehrwürdigen Zeugen der glorreichen Bahn, auf welcher Mein Haus in Jahrhunderten Brandenburg-Preussen vom Kurfürstentum zur deutschen Kaiserkrone in hoher Weisheit, in unermüdlicher Arbeit und mit Thaten blendenden Ruhmes geführt hat.

Ich bin überzeugt, dass die Feldzeichen des Gardecorps auch in der neuen Umgebung, in welcher sie von nun an bereit gehalten werden, für alle Zeiten ein Wahrzeichen des alten Ruhmes bleiben werden.”

Der Kaiser bekümmert sich übrigens auch um jede, scheinbar noch so unbedeutende Kleinigkeit in der Armee, so unterliegt alles, was die Ausrüstung, die Verpflegung etc. anbetrifft, seiner scharfen Prüfung und zu militärischen Zeichnungen etc. macht er höchst fesselnde handschriftliche Bemerkungen, wie unsere, die Uniformen der Schutztruppe betreffende Tafel zeigt, auf welcher der Kaiser seine Bemerkungen in einer so eigenartigen Schreibweise gemacht hat.

Hier dürfen wir wohl auch gleich mit berechtigtem Stolz ein englisches Urteil über unseren Kaise anführen; der Earl of Londsdale wohnte den letzten pommerschen Manövern als Gast des deutschen Kaisers bei und sprach sich hierbei einem deutschen Correspondenten gegenüber voll Begeisterung aus: „Die Auffassung des Kaisers, seine Energie, sein Scharfblick, seine Beherrschung alles Dessen, was sein Interesse erfordert, vor allem aber seine Voraussicht, sind vielfach unvergleichlich. Seine Kenntnis der Details, besonders in militärischer Beziehung, ist phanomenal und geeignet, das höchste Erstaunen aller Fachleute zu erregen. So hatte Seine Majestät zum Beispiel die Güte, mir die Baracken zu zeigen. Er führte mich herum in den Mannschaftszimmern und so weiter, schloss dort die Schränke auf, beschrieb mir genau die Ausrüstung jedes Mannes vom Tornister bis zu den Strümpfen, nannte mir den Preis eines jeden Gegenstandes, wieviel nachdem für die Armee erforderlich sei, gab mir die überraschendsten Details über die Verproviatierung bis herab zu dem Gewicht und der Anzahl der Brote, die jeder Mann empfängt, u.s.w. — Während der Manöver in Pommern übertraf er alles Genannte an ungeheurer Energie und Thätigkeit. Kein Detail der Operationen, mochte es noch so gering sein, sich noch so fern von ihm abspielen, entging seiner Kenntnis. So befand ich mich bei einer Gruppe von Offizieren, die vergebens die Stellung eines gewissen Regiments zu finden versuchten. Ich sagte ihnen, wo das Regiment sich befinde.

„Woher wissen Sie das?” riefen die Offiziere in höchstem Erstaunen.

„Seine Majestät hat es mir verraten,” durfte ich stolz erwidern.

Eines der vorzüglichsten Mittel zur theoretischen Ausbildung ist das Kriegsspiel, bei dem man auf grossen Karten mit kleinen Steinchen operiert. Das Spiel selbst ist keine Errungenschaft der neuesten Zeit, sondern wird schon seit langem im preussischen Heere geübt, in dem letzten Jahrzehnte aber ist es unter besonderer Initiative des Kaisers ganz besonders gepflegt und vervollkommnet worden.

Es hat den Zweck, die Fachausbildung der Offiziere, namentlich die Heranbildung der Führer zu fördern, welche bei diesem Spiel zu rascher Erwägung der ganzen Sachlage und zu ausserordentlich schneller Entschlussfassung heran­gebildet werden.

Der Leitende gibt die Haupt- und Spezialideen aus; er ernennt die Führer der beiden sich bekämpfenden Abteilungen, sowie die Kommandeure der einzelnen Truppen. Dabei wird der An- und Aufmarsch der Truppen, und im Verlaufe des Spieles jedes einzelne Gefechtsmoment berechnet und auf der im grossen Massstabe angelegten Karte markiert.

Die Kommandeure erteilen, ganz wie es in Wirklichkeit geschehen wird, schriftliche Befehle, und es wird so schnell wie möglich ermittelt, wann die Unterbefehlshaber in den Besitz dieser Schriftstücke gelangen, wie sich während der Zeit die Sachlage geändert haben kann und was die Führer nun beginnen werden. Dass dabei der Leiter eine grosse Geschicklichkeit an den Tag legen muss, liegt auf der Hand, andererseits hat er aber auch das Recht, Situationen des Zufalls zu schaffen, indem er besondere Vorfälle, die sich in Wirklichkeit zutragen könnten, als wirklich eingetreten annimmt, wodurch das Kriegsspiel an Mannigfaltigkeit und Interesse ganz besonders gewinnt. So kann er ganz gut den Sturz eines, einen Befehl überbringenden Adjutanten, die Verstopfung einer Heerstrasse, den Bruch einer Wagenaxe, eines Fahrrades oder irgend welche andere unvorhergesehene Zufälle in das Bereich seiner Combinationen ziehen, mit denen dann gerechnet werden muss.

Dieses Kriegsspiel nun hat in unserem Kaiser einen grossen Verehrer, und soweit seine, viel in Anspruch genommene Zeit, es ihm irgendwie gestattet, wohnt er den Plan-Übungen im Generalstab der Armee oder im Kriegsministerium oder auf der Kriegsakademie bei, ja, zuweilen veranstaltet er auch im Schloss derartige Übungen. Wie ernst es der Kaiser hierbei mit dem Lernen nimmt, mag allein der Umstand bezeugen, dass er keineswegs nur als Zuschauer dem Kriegsspiel beiwohnt. Er lässt sich von dem Leiter des Spieles — gewöhnlich der Chef des Generalstabes der Armee — General Graf Schlieffen, ebenso wie jeder andere Spieler seine Aufgabe geben, die er dann zu Hause schriftlich ausarbeitet und dann dem Leiter wieder zustellt. Am Kriegsspielabend selbst erfolgt dann die Kritik der eingesandten Arbeiten — die des Kaisers wird ebenso als richtig oder nicht richtig beurteilt, wie die jedes anderen, und der Kaiser sitzt dabei im Kreise seiner Offiziere. „Durch Fehler lernen wir,” das alte lateinische Wort scheint auch im Sinne unseres Kaisers zu sein, der für jeden beim Spiel begangenen Irrtum, auf den man ihn aufmerksam macht, dankbar ist — dankbar, wie nur derjenige es ist, der wirklich lernen will. Auch als Leiter eines Kriegsspiels ist Se. Majestät verschiedentlich aufgetreten und die Kritiken sollen zuweilen sehr scharf, immer aber sehr gründlich gewesen sein.

Oft stellt sich auch der Kaiser eigene militärische Aufgaben, die er mit ernster Hingebung ausarbeitet und befreundeten hohen Offizieren, auch ausländischen, zur Begutachtung übergiebt. An den Vortragsabenden der Militärischen Gesellschaft in Berlin nimmt der Kaiser gern Teil und plaudert später mit den betreffenden Herren über ihre Vorträge, über das Material zu denselben, über ihre Schlussfolgerungen, sich stets auf das Beste unterrichtet zeigend. Im Winter vor zwei Jahren hielt der kaiserliche Herr noch selbst in der Aula der Kriegsakademie einen Vortrag über „Die Notwendigkeit des Zusammenwirkens zwischen Heer und Flotte, unterbesonderer Berücksichtigung des chinesisch-japanischen Krieges”. Die Offiziere, die sich aus den Spitzen der Armee und Marine und aus Abordnungen der Truppenteile der Berliner Garnison zusammensetzten, im Ganzen wohl fünfhundert Herren, waren um sieben Uhr Abends befohlen worden. Wie erstaunten sie, als sie den Kaiser bereits vorfanden, der schon kurz nach fünf Uhr erschienen war und sich angelegentlich mit dem nötigen Kartenmaterial beschäftigt hatte. Der Kaiser sprach völlig frei, nahe an zwei Stunden, das reiche Material beherrschte er in vollkommenster Weise und unterstützte seine Ausführungen durch Hinweis auf die vorhandenen Spezialkarten. Der Kaiser kam an der Hand der praktischen Erfahrungen des erwähnten Krieges zu dem Schluss, dass in allen anderen Kriegen eine Unterstützung des Heeres durch eine starke und gut ausgebildete Marine durchaus notwendig sei und dass die letzten Seeschlachten die hohe Bedeutung der Panzerschiffe bewiesen hätten. Nach seinem Vortrage blieb der Kaiser noch mit einer Reihe der höheren Offiziere in kleinerem Kreise gemütlich beisammen und bewirtete sie mit Bier und kalten Speisen im Speisesaale der Kriegs-Akademie.

Wie früher schon hervorgehoben, unterliegen auch bestimmte gewöhnliche Dinge der Beurteilung des Kaisers und man erinnert sich auch wohl der kaiserlichen Erlasse an das Offiziercorps, nicht dem Luxus zu fröhnen und den Truppen eine gerechte Behandlung zu Teil werden zu lassen. Manche Randbemerkung des Kaisers mag wenig erfreulich für die Betreffenden klingen. So hatte sich ein Offizier der vorschriftswidrigen Behandlung zur Übung eingezogener Volksschullehrer, durch Schimpfworte schuldig gemacht und war durch kriegsgerichtliches, der allerhöchsten Bestätigung unterbreitetes Erkenntnis zu mehrmonatlicher Festungshaft verurteilt worden. Der Kaiser hatte an den Rand geschrieben: „Ich glaubte nicht, einen solchen ungebildeten Offizier in der Armee zu haben.” Jener Offizier wurde übrigens nach Verbüssung seiner Strafe veranlasst, seinen Abschied zu nehmen.

Ein neuer frischer Wind weht unstreitig durch die Armee: viel Altes ist geschwunden für immer, von dem Alten geblieben ist noch die Parade, der Prüfstein für die Disziplin einer Armee.

Wie jedes militärische Schauspiel in der Bevölkerung den lebhaftesten Anklang findet, und schon das Aufziehen der Schlosswache allein, trotz seiner täglichen Wiederkehr, ein förmliches Ereignis bildet, so ist es in doppeltem Masse bei einem soldatischen Schaugepränge der Fall, bei welchem es sich um eine militärische Massenentfaltung handelt.

Kein Wunder also, wenn die grossen Herbst- und Frühjahrsparaden auf dem Tempelhofer Felde, bei denen die ganze Berliner Garnison ausrückt, und an welchen stets der Kaiser sowohl als die Kaiserin teilnehmen, sich für die Berliner Bevölkerung zu einer Art von Volksfesten gestalten, und Tausende und Abertausende nicht nur hinaus nach dem grossen Exerzierfelde wandern, sondern auch in dichten Reihen, all die Gassen und Strassen umsäumen, durch welche Regiment um Regiment mit klingendem Spiel zieht.

Ein glänzendes Schauspiel ist es, das sich dann auf dem Tempelhofer Feld entwickelt und wenn dann der Kaiser an der Spitze der Fahnenkompagnie zurückkehrt, begleitet von dem vieltausend­stimmigen Jubel des Volkes, dann erhellt sich das Auge des Monarchen, und sein Blick schweift wie prüfend über die zahllose Zuschauermenge.

Manchmal ist es dann vorgekommen, dass der Kaiser sein Pferd plötzlich anhielt und einen Mann aus dem Volke zu sich heranwinkte: „Haben Sie nicht in meiner Kompagnie gestanden?” und niemals irrt sich der Kaiser.

Gern unterhält er sich mit den alten Veteranen. so fragte der Kaiser gelegentlich bei der letzten Kaiserparade in Strassburg einen durch seine Körpergrösse auffallenden Kameraden eines Kriegervereins: „Wo haben Sie gedient?” — „Bei Ew. Majestät Leibschwadron im Regiment Garde du corps.” — „Wie hiess der Kommandeur?” Der Gefragte nannte den Namen. Der Kaiser sagte lächelnd zu seiner Umgebung: „Beaucoup!” worauf auch dien Generale verständnisvoll lächelten, denn jeder kannte den Spitznamen de wegen seiner Derbheit berühmten Offiziers. „War der Kommandeur damals schon grob?” fragte der Kaiser weiter und die offene Antwort lautete: „Zu Befehl, Majestät, beaucoup,” was beim Kaiser die fröhlichste Heiterkeit erweckte.

Aber nicht nur bei den Paraden rückt die Garnison aus, sondern auch bei anderen Feierlichkeiten wird der Bevölkerung ein glänzendes militärisches Schaupiel geboten. So jüngst erst bei der Centenarfeier Kaiser Wilhelms des Grossen, sowie bei den Fahnenweihen der neuen Regimenter.

Wie aber der Kaiser an seinen Soldaten Anteil nimmt, dafür spricht auch manch eine verbürgte Geschichte, von welcher ich hier nur eine, die für den Kaiser besonders charakteristisch ist, wiedergeben will. Vor wenigen Monaten, an einem Sonnabend, traf der Kaiser in der Nähe des Potsdamer Neuen Palais auf den Unteroffizier M. vom Ersten Garde-Regiment zu Fuss, der ihm persönlich bekannt war. Der Unteroffizier machte sogleich Front und der Kaiser, dem die gedrückte Miene des Soldaten auffiel, fragte ihn: „Warum machen Sie solch' trübes Gesicht, Unteroffizier M.? Sie haben gewiss Liebesgram?” — Und als der Gefragte nickte, meinte der Kaiser weiter: „Na, woran liegt's denn? Erzählen Sie mal.” — Und der Unteroffizier berichtete freimütig, dass er seit einem Jahr im Hause des Feldwebels F. von seinem Regiment, verkehre und sich um die Tochter bewerbe, aber der Vater derselben wolle seine Einwilligung nicht geben, weil er, der Bewerber, kein Geld habe und noch lange Zeit vergehe, ehe er Sergeant werde. „Na, und lieben Sie sich denn Beide?” erkundigte sich der Herrscher. „Ja, sehr, Majestät.” — „Nun, dann gehen Sie auf Ihre Stube und nähen Sie sich die Knöpfe an, und dann stellen Sie sich dem Feldwebel vor und sagen Sie ihm, der Kaiser hätte Sie zum Sergeanten befördert. Hoffentlich teilen Sie mir bald Ihre Verlobung mit!” — Am nächsten Tage wurde der Feldwebel F. zum Kommandeur des Regiments befohlen, der ihm von der Beförderung des Unteroffiziers M. Mitteilung machte, und noch am selben Abend wurde die Verlobung gefeiert.

Wie jeder Hohenzollernfürst, ist Kaiser Wilhelm wie gesagt in erster Linie Soldat, und die Einsicht, dass die Sicherung des Friedens von der Wehrhaftigkeit des Dreibundes, die Stärke dieses aber von der Tüchtigkeit der Armee jedes einzlnen der drei Staaten abhängt, lässt den Kaiser alle möglichen Anstrengungen machen, um wenigstens die deutsche Armee auf den Punkt absoluter Vollkommenheit zu erheben. Reformen in grossem Massstabe werden eingeführt und der häufige Wechsel im Kriegsministerium in den letzten zehn Jahren beweist, wie weitgreifend dieselben sind und wie grosse Hindernisse sich ihnen, selbst in fachmännischen Kreisen, entgegensetzen.

Das Verdienst des Kriegsministers Bronsart von Schellendorf war das Hinüberleiten der Armee aus dem ruhigen Fahrwasser der letzten Regierungsjahre des alten Kaisers Wilhelm in die neue Reformperiode, die denselben unmittelbar folgte.

Der Initiative des Kaisers und der hilfreichen Mitwirkung dieses Ministers verdankt die Armee die neue Felddienstordnung von 1887, sowie die schon rühmend hervorgerufene Änderung des Infanterie-Exerzier-Reglements.

Diesem folgte das Reglement für die Feldartillerie und die Kabinettsordre über die Ausbildung der Truppen, bei welcher das Praktische und Kriegsmässige fortan in den Vordergrund gerückt werden sollte.

Im Gegensatz zu den Anschauungen des Monarchen setzte sich Bronsart dadurch, dass er eine zu starke Vermehrung der Feldartillerie als ein Hindernis für die Feldarmee fürchtete, während sein Nachfolger, General Verdy du Vernois, einer der tüchtigsten Strategen in der deutschen Armee, vollständig auf die Intentionen des Kaisers einging und die geplanten Massregeln im grossen Stile durchführte, um schliesslich aber doch den Meinungs­verschiedenheiten in den höchsten Kreisen der Armee zu weichen, und dem General von Kaltenborn-Stachau Platz zu machen.

Wie sehr dem Kaiser auch der Geist, der in der Armee und in dem Offizierscorps herrscht, am Herzen liegt, dafür hat er in Ansprachen und Befehlen häufig genug Beweis abgelegt.

Die Kadetten in Gross-Lichterfelde, die nahe daran waren, in die Armee einzutreten, wies der Kaiser einst in einer vielbemerkten Rede auf den Ernst der Zeiten hin, der an jeden Einzelnen die höchsten Anforderungen stelle. Den Offizier müsse vor Allem Einfachheit und Mässigkeit auszeichen; er könne nicht eindringlich genug davor warnen, sich unnützem Aufwand und Luxus hinzugeben. Aus vielen Gegenden des Reiches seien leider Beschwerden über Ausschreitungen der Offiziere gegen ihre Untergebenen an ihn gelangt. Das müsse anders werden. Der Offizier solle gegen seine Mannschaft nicht forsch und schneidig sein, im Gegenteil, er solle Langmut und Geduld üben und von keinem seiner Leute mehr verlangen, als er leisten kann. In einer Zeit, in welcher die Monarchie so vielfach angefeindet und angegriffen wird, sei es die Aufgabe des Offiziers, das Ansehen derselben nicht nur im Dienste, sondern durch seine ganze, tadellose Lebensführung zu stützen.

Auf die Misshandlungen der Mannschaften bezog sich auch die an den Kriegsminister am 6. Februar 1890 ergangene Kabinettsordre, welche folgenden Wortlaut hatte:

„In meiner Armee soll jedem Soldaten eine gesetzliche, gerechte und würdige Behandlung zu teil werden, weil eine solche die wesentliche Grundlage bildet, um in demselben Dienst­freudigkeit und Hingebung an den Beruf, Liebe und Vertrauen zu den Vorgesetzten zu wecken und zu fördern. Treten Fälle von fortgesetzten, systematischen Misshandlungen Untergebener hervor, so haben Mir die kommandierenden Generale bei Einreichung der Nachweisungen zu berichten, welchen Vorgesetzten die Verantwortung mangelhafter Beaufsichtigung trifft, und was ihrerseits gegen denselben veranlasst worden ist.”

Das grösste Aufsehen aber erregte der Kabinettsbefehl des Kaisers vom 29. März desselben Jahres. Er lautete:

„Ich habe Mich bereits am Neujahrstage den kommandierenden Generale gegenüber, hinsichtlich des Offiziers­ersatzes für die Armee ausgesprochen. Seitdem sind Mir neben den sonstigen Eingaben über die zur Zeit üblichen Privatzulagen und über die Gehaltsabzüge der Offiziere auch die Nachweisungen über den Stand der Offiziersaspiranten vorgelegt worden. Dieselben liefern den Beweis, dass in der Armee nicht überall nach gleichen Grundsätzen verfahren wird, und Ich sehe Mich deshalb veranlasst, Meiner bezüglichen Willensmeinung für alle Beteiligten in eingehender Weise erneut Ausdruck zu geben. Die allmähliche Vermehrung der Kadres der Armee hat die Gesamtzahl der etatsmässigen Offiziersstellen beträchtlich erhöht. Für dieselben einen geeigneten und möglichst zahlreichen Ersatz zu schaffen, ist ein dringendes Erfordernis, ganz besonders im Hinblick auf die Ansprüche, die der Kriegsfall an die Armee stellt.

Gegenwärtig weisen fast alle Regimenter der Infanterie und Feldartillerie erhebliche Lücken auf. Diese Lage macht die Heranziehung eines ausreichenden und geeigneten Ersatzes zu einer von Tag zu Tag wichtigeren und ernsteren Pflicht der Truppenkommandeure. Der gesteigerte Bildungsgrad unseres Volkes bietet die Möglichkeit, die Kreise zu erweitern, welche für die Ergänzung in Betracht kommen. Nicht der Adel der Geburt allein kann heutzutage, wie vordem, das Vorrecht für sich in Anspruch nehmen, der Armee ihre Offiziere zu stellen. Aber der Adel der Gesinnung, der das Offizierscorps zu allen Zeiten beseelt hat, soll und muss demselben unverändert erhalten bleiben. Und das ist nur möglich, wenn die Offiziersaspiranten aus solchen Kreisen gewonnen werden, in denen dieser Adel der Gesinnung zu Hause ist. Neben den Sprossen der adeligen Geschlechter des Landes, neben den Söhnen meiner braven Offiziere und Beamten, die nach alter Tradition die Grundpfeiler des Offizierscorps bilden, erlicke ich die Träger der Zukunft Meiner Armee auch in den Söhnen solcher ehrenwerter bürgerlicher Häuser, in denen die Liebe zu König und Vaterland, ein warmes Herz für den Soldatenstand und christliche Gesinnung gepflegt und anerzogen werden.

Ich kann es nicht gutheissen, wenn manche Kommandeure sich für die Heranziehung des Offiziersersatzes, eigene, einseitige Grundsätze schaffen, wenn beispielsweise die Grenzen der erforderlichen wissenschaftlichen Bildung so eng gezogen werden, dass für die Annahme eines jungen Mannes die Ablegung der Abiturientenprüfung als unabweisbare Bedingung hingestellt wird. Ich muss es missbilligen, wenn der Eintritt abhängig gemacht wird von einer übermässig hohen Privatzulage, welche die Söhne wenig begüterter, aber nach Gesinnung und Lebensauffassung, dem Offizierscorps nahestehender Familien, der Armee fernhalten muss.

Um solchen Unzuträglichkeiten Einhalt zu thun, spreche Ich Meinen Willen dahin aus, dass in der Regel die Kommandeure bei der Infanterie, den Jägern, der Fussartillerie und den Pionieren nicht mehr als 45 Mark, bei der Feldartillerie nicht mehr als 70 Mark und bei der Kavallerie nicht mehr als 150 Mark an monatlicher Zulage fordern sollen. Dass die Verhältnisse grosser Garnisonen und speziell diejenigen der Truppenteile des Gardecorps geringe Erhöhungen erforderlich machen können, verkenne Ich nicht. Aber Ich erachte es als den Interessen der Armee nachteilig, wenn bei der Infanterie und den Jägern etc. die Forderungen an Privatzulagen bis auf 75 und 100 Mark — an einzelnen Stellen sogar darüber hinaus — gesteigert sind, und wenn dieselben bei der Kavallerie, namentlich bei der Garde, eine Höhe erreicht haben, welche es dem ländlichen Grundbesitzer nahezu unmöglich macht, die Söhne der ihm liebgewordenen Waffe zuzuführen. Mit solchen übertriebenen Ansprüchen wird der Offiziersersatz nach Umfang und Beschaffenheit beeinträchtigt.

Ich will nicht, dass in Meiner Armee das Ansehen des Offizierscorps nach der Höhe der Eintrittszulage bemessen werde, und schätze diejenigen Regimenter besonders hoch, deren Offiziere sich mit geringen Mittel einzurichten und doch ihre Pflicht mit der Befriedigung und Freudigkeit zu erfüllen wissen, die den preussischen Offizier von Alters her ausgezeichnet haben. In diesem Sinne, mit Aufbietung aller Kräfte zu wirken, ist die Aufgabe aller Truppenkommandeure. Unausgesetzt haben sie es sich klar zu mchen, dass es heutzutage mehr wie je darauf ankommt, Charaktere zu erwecken und gross zu ziehen, die Selbstverleugnung bei ihren Offizieren zu heben, und dass hierfür das eigene Beispiel in erster Linie mitwirken muss.

Wie Ich es den Kommandeuren erneut zur Pflicht mache, den mancherlei Auswüchsen des Luxus zu steuern, die in kostspieligen Geschenken, in häufigen Festessen, in einem übertriebenen Aufwande bei der Geselligkeit und ähnlichen Dingen zu Tage treten, so halte Ich es auch für angezeigt, der Auffassung nachdrücklich entgegenzutreten, als sei der Kommandeur selbst vermöge seiner Dienststellung zu umfangreichen Ausgaben für Repräsentations­zwecke verpflichtet. Ein jeder Offizier kann sich durch angemessene Förderung einer einfachen, standesgemässen Geselligkeit Verdienst um seinen Kameradenkreis erwerben, zum „Repräsentieren” aber sind nach Meinem Willen nur die kommandierenden Generale verpflichtet, und darf es in Meiner Armee nicht vorkommen, dass gutgediente Stabsoffiziere mit Sorgen den Geldopfern entgegensehen, die mit dem etwaigen Erreichen der Regiments-Kommandeur­stellung vermeintlich ihrer warten.

Ich werde Mir von Zeit zu Zeit neben den Eingaben über die Offiziersaspiranten, Nachrichten über die bei den Truppenteilen üblichen Zulagen und die Gehaltsabzüge vorlegen lassen. Wie Ich hiermit bestimme, dass Mir solche Offiziere namhaft zu machen sind, welche den, auf Vereinfachung des Lebens gerichteten Einwirkungen ihrer Vorgesetzten nicht entsprechen, so werde Ich die Kommandeure wesentlich mit danach beurteilen, ob es ihnen gelingt, einen geeigneten und ausreichenden Nachwuchs an Offizieren heranzuziehen und das Leben ihrer Offizierscorps einfach und wenig kostspielig zu gestalten. — Ich wünsche von Herzen, dass ein Jeder Meiner Offiziere nach erfüllter Pflicht seines Lebens froh werde. Dem überhandnehmenden Luxus in der Armee, muss aber mit allem Ernst und Nachdruck entgegengetreten werden.”

Dieser Kabinettsbefehl musste bei allen einsichtsvoll Denkenden mit lebhafter Befriedigung aufgenommen werden und manch eine Familie, die ihren Sohn bei der Armee stehen hatte, atmete auf, da der Alb der „Zulage” nun nicht mehr so drückend auf ihr zu lasten brauchte. Diese notwendigen monatlichen Zulagen bezifferten sich nämlich, je nach den Regimentern, vielfach auf fünfhundert bis tausend Mark und darüber, und nur wenige Familien konnten sich eine solche Ausgabe, ohne drückende Opfer ihrerseits leisten.

Der 1. April des Jahres 1890 markiert für die deutsche Armee einen wichtigen Wendepunkt in ihrer äusseren Gestaltung. Die neue Zusammensetzung des gewaltigen Heeresorganismus trat mit diesem Tage in Kraft und das ganze Gefüge des deutschen Heereswesens wurde dadurch mit einem Schlage ein anderes.

Während man bei der Garnisonierung der einzelnen Truppenteile bisher mehr von dem Gesichtspunkte der Ausbildung der Truppen und dem der Truppen-Verwaltung ausgegangen war, wurde vom 1. April ab, nur noch das strategische Interesse bei der Wahl der militärischen Standorte berücksichtigt.

Vor allem kam es bei der neuen Heereseinteilung darauf an, die Fronten des Reiches, im Falle eines Krieges von vornherein gesichert zu wissen. Die Landesgrenzen mussten hinreichend geschützt und alle jene Linien, auf denen voraussichtlich die Operationen sich bewegen würden, mit Infanterie, Kavallerie und Artillerie möglichst gleichmässig besetzt sein. Zu diesem Zwecke wurden zwei neue Armeecorps genildet, deren Generalkommandos ihren Sitz in Metz und Danzig erhielten. Die Front nach Frankreich wurde damit durch drei Armeecorps, die Front gegen Russland durch vier Armeecorps gesichert.

So einschneidend nun diese neue Armeeverteilung war, so vollzog sie sich doch in einer so wenig aufdringlichen Weise, dass sie zu keinerlei Beunruhigungen oder Missdeutungen im Auslande Anlass gab. Nur im Herzen des Reiches selber hatte sie für manche Teile des Landes insofern schwer empfundene Folgen, als in gewissen Städten, die früher so zu sagen von ihren Garnisonen lebten, diese jetzt ganz bedeutend verringert wurden oder vollständig aufhörten; selbstverständlich mussten aber die kleinlichen Interessen vor den grossen Interessen des Reiches zurücktreten.

So wie der Kaiser in jeder Beziehung sein Hauptaugenmerk auf die Verbesserung der Armee „nach Innen wie nach Aussen” gerichtet hat, und er mit stolzem Rechte bei den Kaisermanövern in Schlesien dem österreichischen Kaiser und dem Könige von Sachsen gegenüber die Hoffnung aussprechen konnte, sie würden wohl die Überzeugung gewonnen haben, dass seine Armee unter seiner Führung ebenso tüchtig geblieben sei, wie sie unter Wilhelm I. gewesen, — ebenso sucht er die Armee nach Thunlichkeit auch in numerischer Hinsicht zu stärken.

Freilich findet der Kaiser nicht stets und überall jenes Verständnis und jenes Entgegen­kommen, auf welches er in derlei Fragen, die für den festen Bestand und für das Ansehen des Reiches geradezu massgebend sind, mit Recht glauben müsste, rechnen zu können. Man erinnert sich wohl noch der Militärvorlage vom Jahre 1890. Darnach sollte die Frieden­präsenz­stärke des deutschen Heeres vom 1. Oktober 1890 bis zum 31. März 1894 auf 486 983 Mann festgesetzt werden. die Einjährig-Freiwilligen nicht mit eingerechnet. Die Infanterie sollte in 518 Bataillone, die Kavallerie in 465 Eskadrons, die Feldartillerie in 414 Batterien, die Fussartillerie in 31 Bataillone, die Pioniere in 20, und der Train in 21 Bataillone formiert werden.

Diese Forderungen wurden durch eine Vergleichung der deutschen Militärverhältnisse mit denen Frankreichs begründet, das numerisch bedeutend im Übergewichte war.

Damals ging die Vorlage erst nach heftigen Debatten durch, und musste der General­feldmarschall Graf Moltke, als nahezu neunzigjähriger Greis, selbst mit in den Redekampf eingreifen und die Notwendigkeit der Heeresverstärkung auseinandersetzen, sowie den Krieg der Zukunft mit all seinen Schrecken in den grellsten Farben malen.

Die drei Jahre später eingebrachte Militärvorlage aber, der kein Moltke zur Seite stand, hatte ein ganz anderes Schicksal.

Der Gesetzentwurf hatte die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres an Gemeinen für die Zeit vom 1. Oktober 1893 bis zum 31. März 1899 auf 492 868 Mann als Jahres­durchschnitts­stärke festgelegt, das ist also um 23 083 Mann mehr als früher. Die Infanterie sollte in 711 Bataillone statt der bisherigen 518, die Kavallerie in 472 statt 466 Eskadrons, die Feldartillerie statt in 434, in 494 Batterien, die Fussartillerie statt in 31, in 37 Bataillone, die Pioniere in 24, statt bisher 20 Bataillone, die Eisenbahntruppen in 7, statt in 5 Bataillone eingeteilt werden, der Train aber wie bisher 21 Bataillone behalten. Auch sollte bei den Fusstruppen im Allgemeinen die zweijährige Dienstzeit eingeführt werden. Die neue Organisation sollte alle wirklich Diensttauglichen aufnehmen. Die Kadettencorps, die Unteroffizier- und Vorschulen sollten erweitert, die Kapitulantenlöhne erhöht und ein Kapitulanten-Handgeld eingeführt werden; die Ausbildung der Ersatzreservisten im bisherigen Sinne sollte dagegen fortfallen. Die einmaligen Ausgaben waren in dem Entwurfe auf 66 800 000 Mark angegeben, die dauernde Jahreserhöhung auf 63 Millionen Mark.

Der Gesetzentwurf wurde aber wie bekannt, nicht nur in dieser Form, sondern auch in der Fassung des von Huene'schen Vermittlungsantrages, welcher der Regierung rund 12 500 Gemeine weniger bot und der schliesslich vom Reichskanzler angenommen wurde, vom Reichstage abgelehnt, worauf dieser am 6. Mai auf Befehl des Kaisers aufgelöst wurde.

Bei einer am 9. Mai auf dem Tempelhofer Felde stattfindenden Truppenschau nahm der Kaiser Gelegenheit, sich gegen die höheren Offiziere über die parlamentarischen Vorgänge zu äussern.

„Seitdem wir uns nicht gesehen,” sagte er, „sind eigene Wandlungen mit der Militärvorlage vor sich gegangen. Ich habe nicht deren Ablehnung erwarten können und hoffte von dem patriotischen Sinne des Reichstages eine unbedingte Annahme. Ich habe Mich darin leider getäuscht. Eine Minorität patriotisch gesinnter Männer hat gegen die Majorität nichts zu erreichen vermocht, dabei sind leidenschaftliche Worte gefallen, welche unter gebildeten Männern ungern gehört werden. Ich musste zur Auflösung schreiten und erhoffe von einem neuen Reichstage die Zustimmung zur Militärvorlage. Sollte aber auch diese Hoffnung täuschen, so bin Ich gewillt, Alles, was Ich vermag, an die Erreichung derselben zu setzen, denn Ich bin zu sehr von der Notwendigkeit der Militärvorlage, um den allgemeinen Frieden erhalten zu können, überzeugt. Man hat von Aufregung der Massen gesprochen; Ich glaube nicht, dass sich das deutsche Volk von Unberufenen erregen lassen wird. Im Gegenteil, Ich weiss Mich Eins in dieser Militärvorlage mit den Bundesfürsten, mit dem Volk und mit der Armee. Ich danke, meine Herren. Ich habe Mich Ihnen gegenüber nur aussprechen wollen, wie Ich es beim Entstehen der Vorlage gethan.”

Am 4. Juli wurde der neue Reichstag eröffnet und der Kaiser schloss die Thronrede mit den Worten: „Und nun, meine Herren, gehen Sie hin, unser alter Gott sehe auf Sie herab und leihe Ihnen seinen Segen zum Zustandebringen eines ehrlichen Werkes, zum Wohle unseres Vaterlandes.”

Hart prallten wieder die Gegensätze im Reichstage aufeinander, endlich aber wurde die Militärvorlage in der Form der Huene'schen Antrages angenommen, alledings nur mit einer verschwindenden Majorität; doch was verschlugs, der Sieg war errungen, schärfer als je war das Schwert, das der Kaiser jetzt in der Hand hielt, stärker als je war die Wehr des deutschen Reiches, und schwer sollte es werden, — Jedem —, jetzt an den Frieden zu rütteln, und in dieser Hinsicht freute sich der Kaiser des endlichen Sieges, und den Männern, die ihm geholfen, den selben zu erringen, sandte er den telegraphischen Dank: „Ein herrlicher Sieg nach heissem Kmpf. Dank Ihnen für Ihre pflichttreue Haltung und Hilfe.”

Dem Kriegsminister von Kaltenborn-Stachau folgte ein Bruder des früheren Kriegsministers Bronsart von Schellendorf, der später über dieselbe Militär­strafprozess-Ordnung stolpern sollte, deren Zustandekommen auch jetzt noch das Interesse der weitesten Kreise in Anspruch nimmt. Mit Bronsart schied einer der tapfersten und rücksichtslosesten Kämpfer gegen die Sozialdemokratie aus dem preussischen Staatsministerium aus, ein Mann von Mut und Charakter, der sich bei Freund und Feind Ansehen und Achtung zu schaffen gewusst hatte. Durch die Militär­strafprozess-Ordnung setzte er sich aber in Gegensatz zu den Anschauungen des Monarchen, der bei einer Parade auf dem Tempelhofer Felde persönlich in einer Ansprache an die höheren Offiziere den Anschauungen und Verdächtigungen entgegentrat, als wäre der Kriegsminister den Machenschaften einiger militärischer Kollegen zum Opfer gefallen. In dieser Rede betonte der Kaiser auch ganz besonders, dass er sich das Recht, selbst zu bestimmen, wenn er in irgend einer Angelegenheit nach seiner Meinung handeln wollte, nicht werde nehmen lassen.

Wie sehr sich der Kaiser mit seiner Armee eins fühlt, wie sehr er mit den Details der Geschichte jedes einzelnen Regimentes, jedes einzelnen Bataillones vertraut ist, bewies Se. Majestät unter Anderem auch bei der Feier des 150jährigen Jubiläums des Brandenburgischen Pionierbataillons, bei welchem der Kaiser im grossen Rathaussaale zu Torgau ein Hoch auf das Bataillon ausbrachte und dabei folgende Worte sprach:

„Ich stehe dem Bataillon näher, als Sie es sich wohl gedacht haben, und weile gern im Kreise der Offiziere des Bataillons, welches die alte Preussentreue unverbrüchlich hochgehalten hat, vor Allem aber um dessenwillen, was wohl vielen von Ihnen unbekannt sein wird, weil Ich Alles, was Ich von Kenntnissen auf diesem Gebiet besitze, Meinem ehemaligen Lehrer, dem Oberstlieutenant Dienar, verdanke, der ein Glied des hiesigen Bataillons gewesen ist. Der Oberstlieutenant Dienar war frei von jeder vorgefassten Meinung, er blickte mit offenem Auge in die Zukunft und trug keine Bedenken, gegen das Althergebrachte, aber Veraltete, das Neue und Richtige einzutauschen. Schon der Name Ihrer Waffe giebt dafür Gewähr, dass diese Waffe eine Waffe des Fortschritts sein muss; den man spricht von Pionieren der Kultur, der Wissenschaft, der Arbeit, immer aber in dem Sinne, dass das Wort Pionier den Fortschritt bezeichnet. Ich zweifle nicht, dass, wenn jemals wieder an das Bataillon Anforderungen herantreten, wie bei Schweidnitz, Düppel und Alsen, das Bataillon dann neue Lorbeeren in den Ruhmeskranz der preusssischen Armee flechten wird. Ist doch auch die Heldenthat Klinkes und seiner Kameraden, welche noch zum Teil dem Bataillon oder doch der Waffe angehören, für die späteren Geschlechter des Bataillons vorbildlich und sinnbildlich geworden. Ich erwarte zuversichtlich, dass Meine Pioniere, wie bisher immer, so auch in Zukunft der Armee vorangehen und das Loch sprengen werden, duch welches die stürmende Hand hindurchstösst.”

Der vom Kaiser in dieser Rede erwähnte Pionier Klinke zeichnete sich im Verein mit dem Pionier Kilto am 18. April 1864 bei dem Sturme auf die Düppeler Schanzen durch einen Heldenmut aus, dem in der Geschichte nicht viele gleichwertige Beispiele an die Seite zu stellen sind.

Diese beiden braven Soldaten hatten es übernommen, ihren Kameraden einen Weg durch die Pallisaden zu bahnen. Mit einem Sack Pulver wollten sie die Pallisadenwand sprengen, beim Laufen aber verlor Klinke die Zündschnur. Ohne sich lange zu besinnen, griff der wackere Pionier, seinen sicheren Tod vor Augen, nach einem Streichholz und hielt es brennend an den Pulversack. Eine furchtbare Explosion erfolgte. Auf das Schrecklichste verbrannt, und überdies noch von einer feindlichen Kugel getroffen, stürzte der Held — denn nur so kann man ihn nennen — in die von ihm geschaffene Lücke, durch die seine Kameraden nun stürmen konnten, und in der er sein Leben aushauchte.

Einen Tag vor dieser Feier hatte der Kaiser bei der Rekruten-Vereidigung in Potsdam eine Ansprache gehalten, welche im ganzen Reiche tief und schmerzlich empfunden wurde.

„Rekruten,” sagte er, „Ihr habt jetzt vor den geweihten Dienern Gottes und Angesichts dieses Altars Mir Treue geschworen. Ihr seid noch zu jung, um die wahre Bedeutung des eben Gesprochenen zu verstehen, aber befleissigt euch zunächst, dass ihr die gegebenen Vorschriften und Lehren immer befolgt. Ihr habt Mir Treue geschworen, das, Kinder Meiner Garde, heisst, ihr seid jetzt Meine Soldaten, ihr habt euch Mir mit Leib und Seele ergeben; es giebt für euch nur einen Feind, und der ist Mein Feind. Bei den jetzigen sozialistischen Umtrieben kann es vorkommen, dass Ich euch befehle, eure eigenen Verwandten, Brüder, ja, Eltern nieder­zuschiessen, was ja Gott verhüten möge, aber auch dann müsst ihr Meine Befehle ohne Murren befolgen.”

Wohl noch nie waren so schwere Worte von einem Herrscher an seine Soldaten, an die Söhne seines Volkes, gerichtet worden, aber sie spiegeln so recht die Gefühle des Monarchen wieder, der, den Ernst der Zeiten voll und ganz erfassend, aber, unbekümmert um den Sturm, den er damit erregen kann, auch Ausdruck geben will.

Die impulsive Natur des Kaisers, die nicht eher ruht, als bis sie nicht ihr ganzes Fühlen und Denken in Wort und That umgesetzt hat, kommt häufig genug in seinen Reden zum Ausdruck. So war es auch bei dem Trinkspruch der Fall, den der Kaiser seiner Zeit, nach einer Parade, beim Paradeessen der Offiziere des IV. Armeecorps in Erfurt hielt.

Wie der Kaiser es liebt, seine Reden stets dem Milieu anzupassen, das ihn umgiebt, so war es auch hier. Die Erinnerung an Preussens schwere Zeit erfasste ihn ganz, aber auch das hehre Bewusstsein von Preussens Erhebung und Deutschlands neuer herrlicher Grösse.

„Ich freue Mich,” sagte er, „dass das IV. Armeecorps zu Meiner grössten Zufriedenheit die Parade ausgeführt hat.  . . . Hier in Erfurt ist ein ernster Punkt in der preussischen Geschichte. An diesem Orte hat uns der korsische Parvenu aufs Tiefste erniedrigt, aufs Scheusslichste geschändet, aber von hier aus ging auch der Rachestrahl aus, der ihn zu Boden geschmettert.”

Diese Worte erregten den Chauvinismus der Franzosen auf das Höchste und im Namen der Nation forderten dieselben französischen Blätter, die den ersten Kaiser der Franzosen selbst stets nach Möglichkeit herabgesetzt und verunglimpft hatten, Genugthuung für die Rede des Kaisers, der als Deutscher doch wahrlich nicht anders reden konnte, und durch seine Worte die stürmischste Begeisterung seiner Offiziere hervorgerufen hatte.

Die Begeisterungsfähigkeit seines eigenen Ichs auf seine Umgebung zu übertragen, ist überhaupt einer der vielen Vorzüge, die unseren Kaiser auszeichnen.

Er versteht es hinzureissen, zu begeistern, zu entflammen, und das ist's, was zumal beim Soldaten von Wichtigkeit ist. Die Armee muss an ihrem Führer hängen, muss an ihn glauben und ihm blindlings vertrauen, und Kaiser Wilhelm II. hat es verstanden, dieses Vertrauen sich zu erringen und es zu einem unerschütterlichen zu machen, denn man weiss, er ist nicht nur Soldat vom Scheitel bis zur Sohle, nein mehr, er ist „der Soldat”, er ist der Inbegriff alles dessen, was zum Soldaten gehört, und sein grösster Stolz ist seine Armee.

Wie berechtigt dieser Stolz ist, dafür lieferten in allerletzter Zeit die grossen Manöver, die in Bayern stattfanden, den allerbesten Beweis, und ebenso die Kaisermanöver bei Homburg, denen auch das italienische Königspaar beiwohnte.

Den Truppenmanövern im Bayernlande ging ein anderes, glänzendes militärisches Schauspiel voraus, eine grosse Parade in Koblenz.

„Eine Heerschau im Rheinlande,” rief der Kaiser bei dem Paradediner aus, „welch verführerisches und welch schönes Bild! Eine Heerschau an den Ufern des Rheinstromes im Angesicht der alten geschichtlichen Stadt Koblenz, wie spricht dies zu unserem Herzen! Der Anblick der reisigen Söhne des Rheinlandes hat Mich mit hoher Freude bewegt. Aber auch mit tiefer Wehmut zugleich, denn der Platz, an dem wir stehen, die Stadt, in der wir weilen, ist ein Zeugnis von einer grossen Zeit, und erinnert uns an grosse Namen und Gestalten. Wir wollen nicht vergessen, dass für uns speziell in der Armee, die Zeiten, da Kaiser Wilhelm der Grosse in Koblenz weilte, von grundlegender Bedeutung geworden sind. Hier reifte das Werk, welches er berufen war, durchzuführen, hier war es ihm vergönnt, in stiller Zurückgezogenheit seine Heeresorganisation auszuarbeiten, die, viel angefeindet und oft missverstanden, sich so glänzend bewährt hat. Sein Volk in Waffen hat in drei siegreichen Kriegen bewiesen, dass er Recht hatte.  . . . . Und nun vom Rückblick in die Vergangenheit auf den heutigen Tag. Die heutige Parade macht dem Corps in jeder Beziehung volle Ehre, und wir können mit gutem Gewissen sagen, dass die Söhne des Rheinlandes, die heute vorbeigezogen sind, voll ihre Pflicht thun und so gut ausgebildet und brav sind, wie sie es damals zur Zeit des grossen Kaisers waren. Es liegt an uns, das Werk des grossen Kaisers, die Armee, in allen ihren Teilen zu erhalten, gegen jeden Einfluss und Einspruch von aussen zu verteidigen.”

Der Parade wohnte ausser der Kaiserin auch der Herzog von Cambridge bei, der lange Zeit der Höchstkommandierende der englischen Armee gewesen, und der nicht Worte genug fand, um die so ausserordentliche Haltung der Truppen zu loben.

Die grossen Manövertage in Bayern leitete ebenfalls eine Truppenschau ein und zwar die des zweiten bayerischen Armeecorps bei Biebelried, bei welcher der Prinzregent dem Kaiser das ganze Armeecorps vorführte. Der Revue wohnten auch der König von Württemberg und der Grossherzog von Hessen bei. Am nächsten Tage begab sich das Kaiserpaar und die übrigen Fürstlichkeiten nach dem Manöverfelde Schweinau bei Nürnberg. Hier begab sich das Kaiserpaar direkt nach dem Paradefelde und ritt die Front ab. Die Manöver, bei denen sich zum ersten Male bayerische und preussische Truppen gegenüberstanden, nahmen einen glänzenden Verlauf, und trotz der herrschenden Hitze und sehr bedeutender Marschleistungen war das Aussehen der Truppen vorzüglich. Der Kaiser griff selbst wieder aktiv als Führer in den Gang des Manövers ein, wobei er wieder Gelegenheit fand, seine bedeutende militärische Tüchtigkeit zu erweisen.

Den glänzenden Tagen in Bayern folgten die politisch wie militärisch noch bedeutsameren in Homburg. Durch die Zusammenkunft des deutschen Kaisers mit dem Könige von Italien, sowie die sich daranschliessende Reise Kaiser Wilhelms nach Österreich-Ungarn wurde die Welt nämlich wieder einmal daran erinnert, dass der Dreibund unverändert besteht und dass bei der Entscheidung über die Geschicke Europas sein Wort noch genau so viel zu besagen hat, wie früher.

Trotz des trüben Wetters nahm die Parade einen prächtigen Verlauf. Pünktlich zehn Uhr trafen die hohen Herrschaften auf dem Paradefelde ein. Der Kaiser trug Generalsuniform mit den Abzeichen seines Hessischen Regiments, der König von Italien hatte die Uniform seines 13. Husaren-Regiments angelegt. Der König von Sachsen, der König von Württemberg, der Grossherzog von Hessen, Prinz Albrecht von Preussen, der Herzog von Cambridge, sowie die übrigen Fürstlichkeiten wohnten der Parade zu Pferde bei. Gleichfalls zu Pferde waren die Kaiserin in der Uniform der Bayreuther Dragoner mit dem Dreispitz, sowie die Grossherzogin von Hessen in der Uniform ihres hessischen Regiments mit Helm und Haarbusch erschienen.

Während der Manöver verlieh Kaiser Wilhelm der Königin Margherita das hessische Jägerbataillon, welches die höchste Schiess­auszeichnung der preussischen Armee besitzt. Die Königin dankte dem Kaiser in liebenswürdiger Weise und nun bot sich den Zuschauern ein prächtiges reizvolles Bild. Der Kaiser reichte der liebreizenden Gemahlin seines hohen Bundesgenossen den Arm und geleitete sie zu ihrem, unter präsentiertem Gewehr stehenden Bataillon, dessen Front er mit der Königin abschritt, worauf das Offiziercorps dem neuen Chef vorgestellt wurde.

Dieselbe Liebe zur Armee, die ihren Gemahl auszeichnet, teilt auch die Kaiserin. An den Paraden auf dem Tempelhofer Felde nimmt sie regelmässig teil. Sie erscheint bei denselben sowohl zu Wagen, als auch zu Pferde, im letzteren Falle meist in die Uniform der Pasewalker Kürassiere gekleidet, deren weisser Rock ihre schöne Gestalt prächtig umschliesst. Auf dem Kopfe trug die Kaiserin früher gern den wallenden Federhut, der jetzt jedoch einem zierlichen Dreispitz gewichen ist.

Auch an den Manövern beteiligt sich die Kaiserin, wie wir sahen, gern als Zuschauerin. Sie folgt der Entwicklung der feindlichen Linien und dem ganzen Scheinkriege mit lebhaftem Interesse und manch eine Bemerkung zeugt für ihr hohes Verständnis und ihr schnelles Erfassen der den einzelnen Truppenteilen zufallenden Aufgaben. So gab sie bei den besprochenen Kaisermanövern der Königin Margherita wertvolle Erklärungen, die bewiesen, wie gut sie in der deutschen Armee und in der Kriegführung Bescheid weiss.

Nach der Kaiserparade vor Baer im Manöver 1890 wurde der Kaiserin bekanntlich das in Flensburg und Sonderburg garnisonierende Füsilier-Regiment Königin No. 86, verliehen, welches hauptsächlich schleswig-holsteinischen Ersatz hat. Selbstverständlich erregte diese Verleihung in der ganzen Provinz, die sich dadurch besonders ausgezeichnet fühlte, den lebhaftesten Jubel.

Die Ansicht, dass die Kaiserin aber auch Chef der Pasewalker Kürassiere sei, beruht auf einem Irrtum, der wohl einzig und allein darauf zurückzuführen sein dürfte, dass, wie gesagt, die hohe Frau die kleidsame Uniform jenes Regiments jeder anderen vorzieht.

Dass eine der schönsten Soldatentugenden die Kameradschaft ist, ist bekannt, und von Niemandem wird diese mehr gepflegt, als vom Kaiser. Jedes der in Berlin garnisonierenden Regimenter hat in jedem Jahre wenigstens einmal die Ehre, den Kaiser bei sich im Kasino zu sehen und wohin immer den Kaiser seine wahrlich nicht dem Vergnügen und der Zerstreuung dienenden Reisen führen, nirgends versäumt er es, soweit seine Zeit es ihm irgendwie erlaubt, die Offiziercorps zu begrüssen, in ihrer Mitte das Frühstück oder das Mittagessen einzunehmen. Diese Stunden im Kreise seiner Offiziere sind für den Kaiser eine wahre Erholung. Einzelne der Berliner Regimenter veranstalten dann allerhand drollige Aufführungen, an denen der Kaiser sich sehr belustigt. Er ist dann stets der gute Kamerad, der von aufrichtigstem Frohsinn erfüllt ist und hier gern die schweren Sorgen seines hohen, verantwortungsreichen Berufes vergisst. Bei derartigen Gelegenheiten folgt einem vergnügten, in einfachen Grenzen gehaltenen Souper stets eine heitere Fidelitas. Auf einer kleinen Bühne werden allerhand humoristische Sachen aufgeführt, die Darsteller und . . . . Darstellerinnen sind Offiziere des Regiments, auch die Texte sind von ihnen gefertigt. Bei den „Maikäfern” lernte auf diese Weise im vorletzten Winter der Kaiser die „five sisters Barrison” kennen, dann einen „Salon-Humoristen aus dem Apollo-Theater”, den Herr Erich von Schwartzkoppen mit sprudelnder Laune gab, auch eine „ganz echte” „Tiroler Jodler-Gesellschaft” trat auf und endlich zeigte „Signor Mumpitzino” seine „grosse Eselei” in Gestalt von zwei grauen Vierfüsslern; den Schluss bildete eine Travestie auf „Lohengrin” mit dem schönen Titel „Lohengrün”, die gleichfalls die herzlichste Heiterkeit des Kaisers erweckte.

Bei seinem gesunden Humor weiss der Kaiser auch eine offene Antwort zu schätzen. So weilte er einmal vor Jahr und Tag inmitten seiner Ulanenoffiziere in H. und es kam nach Tisch das Gespräch auf die Spitznamen der Offiziere, wobei unter allgemeiner Heiterkeit auch die „Beinamen” hoher Vorgesetzter berichtet wurden. Lächelnd wendet sich der Kasier an den Oberst mit der Frage: „Nun und welchen Spitznamen führe denn Ich?” Der Oberst erwiderte, ihm sei keiner bekannt, aber der Kaiser bemerkt das verhaltene Lächeln einiger junger Offiziere. Nun wendet er sich mit seiner Frage an diese, das gleiche negative Resultat, da sagt der Kaiser lustig zu dem jüngsten der Herren: „Ich befehle Ihnen jetzt, mir meinen Spitznamen zu sagen.” Der also Angeredete in dienstlicher Haltung: „Majestät führen den Namen „Gondel-Willy”. Und der Kaiser lachte am heitersten darüber. Ein anderes Mal weilte der Kaiser bei den Offizieren seiner Leibregimenter zu Tisch und gab nach der Tafel ein Rebus zu raten auf, in dem er auf ein Blatt Papier Folgendes aufzeichnete:

Die Worte also waren durch einen Perpendikel in zwei Hälften geteilt. Das Blatt wanderte von Hand in Hand, keiner fand eine passende Lösung. Nur einer schwieg und lächelte. „Sie wissen es, Hauptmann von R.,” sagte der Kaiser, „heraus damit.” Der Offizier zögerte. „Gut,” meinte der Herrscher, „Ich will Ihnen erst Meine Lösung sagen, dann sagen Sie die Ihrige. Die meine ist: Ein Urteil/Uhr-Teil im Namen des Kaisers. — Und nun die Ihre?” — „Majestät, ich bin Mecklenburger und kenne meinen Fritz Reuter, meine Lösung ist: Hier geiht se hen, dor geiht se hen, hier geiht se hen, dor geiht se hen!” Und auch hier lachte der Kaiser am meisten. — Als einmal vor einigen Jahren der Kaiser mit seiner nächsten Umgebung darüber sprach, dass er gern die italienischen Blasinstrumente beim Garde-Füsilier-Regiment eingeführt sähe, machte einer der Herren verstohlen die bekannte zählende Bewegung mit dem Daumen und dem Zeigefinger. Der Kaiser hatte die Geste bemerkt und sagte lachend zu dem Offizier, indem er seine Börse hervorzog: „Beruhigen Sie sich, mein lieber von V., hier stecken noch ein paar Zwanzigmärker.” Und der Kaiser liess denn auch aus eigenen Mitteln die Trompeten anschaffen.

Sehr belustigte sich einst der Herrscher über eine schlagfertige Antwort des ehemaligen kommandierenden Generals von Meerscheidt-Hüllessem. Bei den Manöver-Kritiken trat gelegentlich der General den Ansichten des Kaisers entgegen und auch der Monarch setzte zuweilen etwas an der Truppenführung des Generals aus, er tadelte zumal die Unruhe bei der Leitung nicht vorbereitet gewesener Übungen. Der General hatte deshalb schon wiederholt sein Abschiedsgesuch eingereicht, der Kaiser, der den verdienten Offizier hochschätzte, hatte es jedes Mal abgelehnt. Bei einem Ballfest treffen sich nun der Kaiser und der General, welch' letzterer als Junggeselle der tanzenden Jugend zuschaut und sich mit den Offiziersdamen unterhält. Lachend schlägt ihm der Kaiser auf die Schulter: „Excellenz müssten nur noch heiraten; wenn man verheiratet ist, ist man ruhiger!” Der General lächelt vor sich hin. „Nun?” fragt der Kaiser. — „Nein, Majestät, dazu bin ich zu alt. Eine junge Frau und einen jungen Kaiser, das ist denn doch zu viel für mich!”

Bei dieser Gelegenheit sei noch ein anderes Geschichtchen erzählt, welches den hochverdienten Reiterführer General von Rosenberg zum Helden hat, dem der Kaiser sehr gewogen war. Es war nach einer Besichtigung, der General hielt zufällig vor einem breiten Graben, da kam ein Adjutant herangesprengt, der wohl in dienstlicher Haltung, aber doch lächelnder Miene, dem General meldete: „Majestät lassen Ew. Excellenz sagen, wenn Excellenz da den Graben nehmen, schenkt er Ihnen 'nen Dahler!” Excellent lächelte wohl geschmeichelt ob der liebenswürdigen Berücksichtigung des obersten Kriegsherrn, ein flüchtiger Blick streift den Graben, der etwas ungemütlich breit ist, dem furchtlosen Herrenreiter aber weiter keine Sorgen machen würde, wenn er ein besseres Tier zwischen den Schenkeln hätte; das Unglück will, das er gerade heute ein Pferd reitet, welches er schon gern verkauft hätte, zu wahrlich nicht hohem Preise, wenn — er eben einen Käufer dafür gefunden hätte. Aber nur wenige Sekunden währt das Zögern, dann setzt der General die Sporen ein und nimmt mit Eleganz den Graben, um hierauf zum Kaiser zu reiten und sich seinen „Dahler” auszubitten, der ihm unter heiteren anerkennenden Worten auch gegeben wird. Als der General nach Hause reitet, gesellt sich eine andere Excellenz zu ihm, die äussert: „Excellenz reiten ja ein famoses Pferd, einen tadellosen Springer, dabei solid, ruhig, wünschte schon längst solch' Tier, ist's wohl käuflich?” — „Hm, nun, vielleicht, — eventuell — wenn ich Excellenz einen Gefallen erweise . . .” Und am selben Nachmittag hatte der General das Pferd verkauft, zum doppelten Preise, den er sonst vielleicht gefordert. Am nächsten Tage sah der Kaiser mit Verwunderung den neuen Reiter auf dem ihm wohlbekannten Braunen und hörte belustigt die schnell bekannt gewordene Geschichte des Kaufes. Fröhlich winkte er den General heran, ihm etwas abseits sagend: „Hören Sie wohl, Rosenberg, wenn Sie einmal wieder einen Gaul gut verkaufen wollen, lassen Sie's mich wissen — ich stehe immer zu Diensten!” und lachend ritt er von dannen.

Besonders kameradschaftlich ist der Kaiser mit den Regimentern verbunden, deren Chef er ist. Zu allen grossen Hoffestlichkeiten werden Deputationen dieser Truppenteile befohlen und der Kaiser versäumt nie, durch ein freundliches Wort seine Teilnahme zu bekunden und sich nach dem Wohlergehen des Regiments zu erkundigen. Auch durch wertvolle Geschenke, die entweder dem Regiment selbst oder dem Offiziercorps zu Teil werden, beweist Se. Majestät stets von neuem seine Zusammengehörigkeit mit dem Truppenteil.

Weniger bekannt dürfte es sein, dass auch Ihre Majestät die Kaiserin die militärische Kameradschaft pflegt: das Regiment, dessen Chef die hohe Frau ist, hat zu wiederholten Malen durch kostbare Gaben einen Beweis der besonderen Huld ihres Chefs erhalten. Als das Regiment Königin sich ein neues Offizier-Kasino erbaute, schenkte Ihre Majestät zu diesem Zweck eine bedeutende Summe Geldes, der später dann noch ein wundervolles, den Namenszug des Regiments tragendes Essservice aus dem feinsten Porzellan folgte.

Auch Ihre Majestät die Kaiserin besucht zuweilen die Regimenter: ein Bild zeigt die Kaiserin hoch zu Pferde, in der Uniform der 2. Kürassiere, von der Parade in Pasewalk zurückkehrend. In dem Offizier-Kasino hat sie zu verschiedenen Malen einen Imbiss eingenommen und auch das Regiment Königin hat die hohe Ehre gehabt, die Kaiserin in ihrem Kasino bewirten zu dürfen.

Die Offiziere derjenigen Regimenter, deren Chef das Kaiserpaar ist, melden sich, wenn sie nach Berlin beurlaubt sind, entweder direkt oder indirekt durch das Hofmarschallamt bei den Majestäten und fast immer folgt eine Einladung, sei es zu einem grösseren Feste oder zu einer Tasse Thee im kleinsten Kreise. So kenne ich einen Herrn, der eines Abends zur Kaiserin befohlen war: mit Zittern und Zagen ging er hin, denn es war das erste Mal, dass er bei Hof erschien. Aber seine Ruhe kehrte zurück, als er die Schwelle des Gemachs Ihrer Majestät überschritten hatte. — Ihre Majestät, eine Hofdame und ein dienstthuender Kammerherr, das war die ganze Gesellschaft und der Herr sagte mir, „es wäre so nett, so riesig gemütlich” gewesen, dass er sich gefühlt hätte wie zu Hause. Nach Allem im Regiment hatte die Kaiserin sich erkundigt, für Alles Interesse gezeigt, er hätte erzählen müssen und aufmerksam hätte die hohe Frau zugehört. Spät am Abend sei dann auch noch der Kaiser, seine Cigarre rauchend, aus seinem Arbeitszimmer in den Salon seiner Gemahlin gekommen und da wäre es „wo möglich noch gemütlicher geworden”.

Ich finde, diese Geschichte ist ebenso einfach, wie charakteristisch für den militärischen „kameradschaftlichen Sinn der Majestäten”.

Se. Majestät, der oberste Kriegsherr des deutschen Reichsheeres und Chef der Marine, ist bekanntlich auch Chef des 1. Garde-Regiments zu Fuss, des Rgts. der Gardes du Corps, des Leib-G.-Hus.-Rgts., des Königs-Ul.Rgts. (1. hann.) No. 13, des 1. G.-Feld-Art.-Rgts., des Königs-Inf.-Rgts. No. 145, des Kgl. sächs. 2. Gren.-Rgts. Kaiser Wilhelm und König v. Preussen No. 101, des Kgl. württemb. Inf.-Rgts. Kaiser Wilhelm, König v. Preussen (2. württemb.) No. 120, des 2. bad. Gren.-Rgts. Kaiser Wilhelm I. No. 110, des Inf.-Rgts. Kaiser Wilhelm (2. Grossherzogl. hessisches) No. 116, Inh. des Kgl. bayr. 1. Ul.-Rgts. und des 6. Inf.-Rgts. Kaiser Wilhelm, König von Preussen.

Ferner ist er Inhaber des K. und K. österr. Inf.-Rgts. No. 34, des K. und K. Hus.-Rgts. No. 7, General der Kav. der K. und K. Armee, Chef des K. russ. St. Petersburger Leib-G.-Gren.-Rgts. König Friedr. Wilhelm III. und des 85. Inf.-Rgts. Wyborg, des Kgl. grossbrit. 1. Drag.-Rgts., Ehren-Oberst des Kgl. portug. 4. Reiter-Rgts., Kgl. grossbrit. Ehren-Adm. der Flotte, Kgl. schwed. Flaggen-Adm., Kgl. norweg. und Kgl. dän. Ehren-Adm. etc.

In jeder echten Soldatenfamilie ist es Sitte, dass die Söhne auch wieder Soldaten werden. Auch hierin giebt Se. Majestät der Kaiser ein glänzendes Beispiel.

An seinem zehnten Geburtstage, den 6. Mai 1892 trat Kronprinz Wilhelm als Sekonde­lieutenant in die Armee ein.

An diesem Tage wurde das Geburtsfest ganz besonders festlich und feierlich begangen, eine Fülle von Geschenken lag auf dem Geburtstagstische, allein trotz aller Freude hatte der Kronprinz heute wenig Sinn für die Geschenke, und bei der Tafel duldete es ihn erst recht nicht, denn Mittags fand ja seine Einstellung in das 1. Garde-Regiment zu Fuss statt!! Der Lustgarten war von einer Abteilung Garde-Jäger abgesperrt und die Bataillone, die einzeln einrückten, nahmen im offenen Viereck mit der Front nach dem Stadtschlosse zu, Aufstellung. Eine grosse Zahl von Generalen, Stabsoffizieren, sowie fast das ganze Gardecorps, und die meisten fremdländischen Militärattachés waren erschienen, um Zeugen des feierlichen Eintritts des Thronerben in die Armee zu sein.

Inzwischen waren die Hofequipagen mit den Mitgliedern der königlichen Familie vom Neuen Palais im Schlosse angelangt, auf welchem, nach dem Eintreffen des Kaisers, die Kaiserstandarte emporstieg.

Dann kam der feierliche Moment des Fahnenabholens.

Unter präsentiertem Gewehr wurden dieselben bei den einzelnen Bataillonen eingestellt.

Es erschienen die drei Söhne des Prinzen Albrecht, die Prinzen Friedrich Heinrich, Joachim Albrecht und Friedrich Wilhelm und traten bei der Leibkompagnie ein. Dann folgten die Kommandos „Stillgestanden”, „das Gewehr über”, „Achtung, präsentiert das Gewehr!”, als Zeichen, dass nunmehr der Kaiser mit seinem ältesten Sohne, seinen prinzlichen Gästen, dem Grossherzoge von Hessen, dem Prinzen Heinrich und Prinzen Albrecht, sowie einem glänzenden Gefolge, das Schloss verlassen hatte und in den Lustgarten eingetreten war.

Die Musik spielte den Präsentiermarsch und die Feldzeichen senkten sich vor dem Kaiser.

Nachdem nun der Kronprinz an den rechten Flügel der Leibkompagnie getreten war, stellte sich der Kaiser in die Mitte des Kreises, zog seinen Säbel und übernahm das Kommando über das Regiment.

In einer längeren Ansprache übergab der Kaiser dem Regimente seinen Sohn, dabei auf die ruhmreiche Vergangenheit des Regimentes und auf den Tag, den 6. Mai, hinweisend, an welchem Schwerin mit der Fahne in der Hand bei Prag gefallen war. Mit Dank gedachte er darauf der Zeit, da er selber, unter den Augen seines Grossvaters, in das Regiment eingetreten war.

Nach der Ansprache traten der Kronprinz und die drei anderen Prinzen in die Front, der Kommandeur, Oberst von Natzmer, dankte für die Ehre, die dem Regimente erwiesen worden war und brachte ein Hoch auf den Kaiser aus. Dieser kommandierte nun Parademarsch in Zügen, und setzte sich selber an die Spitze des Regimentes, das er der Kaiserin vorführte, die mit der Prinzessin Friedrich Leopold und den jüngeren Prinzen, von den etrurischen Zimmern des Schlosses aus, dem schönen militärischen Schauspiele zusah.

Der Kronprinz war bei der Paradeformation hinter den rechten Flügelunteroffizier getreten und defilierte als schliessender Offizier, hinter dem ersten Zug.

Natürlich war es für ihn nicht leicht, mit den baumlangen Grenadieren Schritt zu halten. Eine Zeitlang ging es bei ihm Laufschritt, dann mussten ein paar Sprünge mithelfen, Takt aber hat er immer gehalten, und als er die Kaiserin oben am Fenster erblickte, das senkte er im Vollgefühl seines Stolzes, vorschriftsmässig grüssend den Degen.

Der Kronprinz ist Lieutenant im 1. Garde-Regiment zu Fuss, steht à la suite des 2. Garde-Landwehr-Regiments, des Königlich sächsischen 2. Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm IV.; ferner ist er Lieutenant im Kaiserlich Königlichen Husaren-Regiment Wilhelm II., Deutscher Kaiser und König von Preussen.

Prinz Eitel Friedrich, der ebenfalls Lieutenant im 1. Garde-Regiment zu Fuss ist, steht auch à la suite des 1. Garde-Landwehr-Regiments und wird als Lieutenant bei demselben österreichischen Husaren-Regiment geführt, dessen Chef sein kaiserlicher Vater ist.

Prinz Adalbert, der wie bekannt, die Marine-Laufbahn einschlagen wird, gehört wie alle kaiserlichen Prinzen, vom zehnten Lebensjahre — dem 1. Garde-Regiment zu Fuss an, ferner ist er Unter-Lieutenant zur See und steht ebenfalls à la suite des 1. Garde-Landwehr-Regiments.

Prinz August Wilhelm gehört auch schon als Lieutenant dem Armeeverbande an.

Selbstverständlich wird den kaiserlichen Prinzen eine gründliche militärische Ausbildung zu teil.

Ein Feldwebel, der das Exerzieren einübte, Lieutenant von Rauch vom 1. Garde-Regiment und Generalmajor von Deines sind die ersten militärischen Erzieher der Prinzen gewesen, von denen die beiden ältesten gegenwärtig in Plön ihre militärische Erziehung und Ausbildung erhalten.

Übrigens haben die Prinzen bei dem Regiment auch schon praktischen Dienst gethan. Bei der Weihe der, den vierten Bataillonen von S.M. dem Kaiser und König verliehenen Fahnen, welche im Beisein des Königs von Serbien am 18. Oktober 1894 in Berlin stattfand, traten die Prinzen als Zugführer ein.

Vor dem Denkmal Friedrichs des Grossen fand die schöne militärische Feier statt, Der Kaiser nahm mit einer glänzenden Suite nahe dem Zeughause Aufstellung, worauf die neuen Fahnen unter dem Klange des York'schen Marsches, geführt von Oberst von Kessel heranrückten. Der Kronprinz mit seinen beiden ältesten Brüdern marschierte auf dem rechten Flügel des ersten Fahnenzuges, die drei Söhne des Prinzen Albrecht auf dem rechten Flügel des zweiten Zuges.

Vor dem Kaiser wurde Halt gemacht.

Dann übernahmen die prinzlichen Zugführer die Kommandos. Mit lauter Stimme gab der Kronprinz die Kommandos zum Aufmarsch seines Fahnenzuges am Denkmal, und als nunmehr die Fahnen im offenen Viereck um die Fürstlichkeiten aufmarschiert waren, begann die eigentliche Feier, nach welcher die Formation der Truppen zum Vorbeimarsch stattfand, der vom Lustgarten her in Zügen vor sich ging.

Der Kronprinz führte den ersten Zug und alle übrigen Prinzen waren mit eingetreten, und „schmissen” die Beine, dass es eine wahre Pracht und Freude war. Bei den Vorparaden aber, da waren die Prinzen ganz ebenso von ihren höheren militärischen Vorgesetzten zurecht gewiesen worden, wie jeder andere Offizier, wie denn überhaupt darauf gesehen wird, dass die Prinzen durchaus nicht als solche behandelt werden.

Dies zeigt sich auch in Plön, wo die beiden ältesten Prinzen genau so wie die übrigen Besucher der Kadettenschule gehalten werden, mit dem Unterschiede vielleicht, dass man von ihnen mehr noch verlangt, als von allen andern.

Und so soll es sein. So legt es in den Intentionen des Kaisers, der wohl weiss, dass nur wer von der Picke auf gedient hat, ermessen kann, was man seinen Untergebenen zumuten, was man von ihnen verlangen und fordern kann.

Und die Prinzen, deren Obergouverneurder Generalmajor von Deines ist, während Oberstlieutenant von Lynker als Militärgouverneur fungiert, — sind mit voller Seele dabei. Als echten Hohenzollern steckt auch ihnen der militärische Beruf schon im Leibe und sie nehmen es damit jetzt schon sehr ernst, namentlich der Kronprinz, der von der Zeit allerdings schon weit ab ist, da er auf die Frage nach den drei christlichen Hauptfesten: „Geburtstag, Trauung und — Schrippenfest” antwortete, wobei ja auch sein „militärischer Geist” schon zum Ausdruck kam, denn das Schrippenfest ist ja das Fest, welches das Lehrbataillon in Potsdam alljährlich in Gegenwart der kaiserlichen Familie begeht.

Zu den beiden Prinzen wird sich im nächsten Jahre auch Prinz Adalbert gesellen, um an dem militärischen Unterrichte mit Teil zu nehmen. Die anderen Prinzen folgen dann nach, und so wird der Grund gelegt, dass auch sie einst das werden, was ihr kaiserlicher Vater ist: jeder Zoll ein Soldat, und zwar ein Soldat, zu dem alle anderen in Bewunderung aufblicken.

Zu Grossem sind wir noch bestimmt und herrlichen Tagen führe Ich Euch entgegen.

In schwerer, düster blickender Zeit hat der Kaiser diese von stolzem Bewusstsein getragenen Worte geredet, und sie werden gewiss in Erfüllung gehen, so lange sein Volk ihn versteht, so lange es sieht, dass sein Kurs der richtige ist, und so lange es ihm hilft, die Armee, diese wichtigste Stütze des Staates, zu stärken und den herrlichen Geist in ihr aufrecht zu erhalten, wie er jetzt in ihr lebt, und wie er nicht zum Geringsten vom Kaiser, in ihr wacherhalten und grossgezogen wird.

Stolz und immer stolzer steht das herrliche Reich da, „ein Fels von Erz”, an welchem jedes Feindes Kunst, möge er von wo immer kommen, von innen oder von aussen, ohnmächtig zerschellen wird, denn treu geschart steht um den Kaiser sein treues deutsches Volk, sein echtes Volk von Soldaten.


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© Karlheinz Everts